Die Inszenierung beginnt aus einer Stille heraus, in der die Artistin Kaatie Akstinat auftritt, sich an einem herabhängenden Seil sichert und dann langsam hochgezogen wird, ein Motiv, das sich durchzieht, ein Menetekel, das konkret schon den Erhängungstod von Adela vorwegnimmt, aber auch an den Gekreuzigten erinnert. Erst nachdem die Artistin im Bühnenboden verschwunden ist, beginnt das eigentliche Spiel, eröffnet von der Magd, dann stürmen Bernarda und ihre Töchter herein, schwarz verhüllt. Nicole Heesters lässt da schon mal die Peitsche niedersausen, wie überhaupt dann Bieito für die unterdrückte Sexualität viele kleine Bilder findet, wie das die Schwester der anderen die Brust streichelt, Röcke sich hochschieben, Stöhnen ertönt. Abgesehen davon, dass durch den Wegfall zweier Nebenfiguren die Handlung gestrafft wird, hält sich die Regie eng an die Vorlage, setzt nur verdeutlichende Zeichen, vor allen Dingen in einer genauen Choreografie, wenn Stühle umgeworfen werden, im Kreis gehetzt oder sich mit dem Sprungseil in Bewegung gesetzt wird. Und manchmal, wie am Schluss, werden Gegenstände wie das Gewehr auch nur pantomimisch angedeutet.
Entstanden ist ein grandioser Theaterabend, der durch einen genauen Rhythmus und im Zentrum mit den Schauspielerinnen besticht. Heesters und Schubert sind ein eingespieltes Paar. In ihrem Schlagabtausch voller Humor wird Schubert im Verlaufe des Abends die Widerständige, die das Unglück kommen sieht. Heesters hingegen pflegt mit Lächeln und Peitsche die Wahnvorstellung einer heilen Welt, immer überlegen und so engstirnig wie erschreckend klarsichtig. Dabei blitzt auch bei ihr die Sehnsucht auf, Sexualität ausleben zu wollen. Von den Töchtern ragen Paula Skorupa als Martirio und Nina Siewert als Adela heraus, die beiden Konkurrentinnen um Pepe, die sich nichts schenken. Während Siewert ihre Rolle emotional-impulsiv anlegt, spielt Skorupa die Überlegene, die ihre Stiche gezielt setzt. Juliane Köhler ist als die Älteste verhuscht-melancholisch. Anne-Marie Lux als Magdalena und Jelena Kurz als Amelia bleiben unauffällig im Hintergrund, eher schon in einer Beobachterinnen-Position. Und Elke Twieselmann, die eingesperrte Mutter Bernardas, spielt den Wechsel von „irren“ und „lichten“ Momenten groß und anrührend heraus. Toll!