„Wer ist Mensch, wer Monster?“, diese auf dem Programmflyer des Landestheater Schwaben gestellte Frage fasst die Problematik des „Frankensein“ gut zusammen: Da schafft ein Wissenschaftler aus Leichenteilen ein Wesen, als er diesem aber Leben einhaucht, flüchtet er vor dessen Hässlichkeit. Aber nicht nur der Schöpfer flieht vor ihm, sondern auf der Suche nach sich selbst und seiner Geschichte trifft das Wesen nur auf Menschen, die ihn grausam verfolgen und demütigen. Mary Shelley beschreibt in ihrem 1818 erschienenen Roman die Geschichte eines „Monsters“, das in die Welt geworfen, sich auf die Suche nach seinem Schöpfer macht und sich dabei mehr und mehr „vermenschlicht“. Weil er voller Sehnsucht nach Liebe ist, muss er töten, weil er sonst nicht die Aufmerksamkeit seines „Machers“, Viktor Frankenstein, erlangen kann. Eine gute Frage: „Wer ist Mensch, wer ist Monster?“
In Memmingen ist die Bühne von Spiegeln umstellt, die jeweils, hin- und hergeschoben, immer neue Räume öffnen (Bühne: Ilka Meier), aber mehr noch deutlich machen, wie stark narzisstische Züge die Verhaltensweisen von Monster und Schöpfer prägen. Tim Weckenbrock als Wesen und David Lau als Victor Frankenstein spielen diese Spiegelungen groß aus, was allerdings manchmal auch zu eitlen Posen führt. Während Lau seine Rolle eher verdruckst und verklemmt anlegt, führt Weckenbrock ein Geschöpf vor, das ohne Sprache und mangelnder Bewegungsmotorik sich in einer ihm unbekannten Welt ausprobieren muss und dabei nur Ausgrenzung erlebt. Nachdem er bei dem Blinden de Lacey (André Stuchlik) Sprechen und Lesen gelernt hat und die Abgründe menschlicher Vernunft durchschauen kann, wandelt er sich vom verachteten Wesen zum Herrn: Im ewigen Eis am Ende ist Victor der Knecht. Diese Stationen werden im Spiel von Weckenbrock sehr plastisch herausgearbeitet.