Foto: Ensembleszene aus Paul Linckes Operette © Stadttheater Pforzheim
Text:Eckehard Uhlig, am 26. Mai 2014
Das Leichte ist das Schwerste, sagen manche Theatermacher, wenn sie eine Operette aufführen sollen. Insofern ist dem Musiktheater-Team um Regisseurin Bettina Lell und Ausstatterin Sibylle Schmalbrock mit der Inszenierung von Paul Linckes „Frau Luna“, die am Pforzheimer Stadttheater Premiere hatte, ein Glanzstück an bunter und heiterer Schwerelosigkeit geglückt. Insbesondere die schwungvoll daherkommende Musik mit ihren Ohrwurm-Qualitäten gibt der leichten Muse Zucker – eine Aufgabe, die Operetten-Spezialist Tobias Leppert am Pult und seine Badische Philharmonie hochkonzentriert bewältigen.
Freilich ist die mit allerlei lustvollen Liebeshändeln gepanschte Operetten-“Handlung“ (Text von Heinz Bolten-Baeckers) ziemlich banal und streift, wie Theodor W. Adorno einmal abfällig bemerkte, den „kalkulierten Schwachsinn“. Doch auf der Pforzheimer Bühne spielen, singen und tanzen der mondsüchtige Tüftler Fritz Steppke (Edward Lee) sowie seine Freunde Lämmermeier (Albrecht von Stackelberg) und Pannecke (Cornelius Burger) so frisch und ausgelassen, dass es eine Freude ist. Zusammen mit ihrer klamaukigen Schwiegertante Pusebach (Lilian Huynen), die ihnen die Dachwohnung untervermietet hat, treten sie im „heiße Luft“-Ballon die Traumreise auf den orange-gold glänzenden Erdtrabanten an, um dort der Mondherrin Frau Luna, einer eleganten Soubrette (Tonje Haugland), und ihrem parodierten Götter-Hofstaat die Aufwartung zu machen.
Auf dem Mond bestimmt Haushofmeister Theophil den guten Ton. Mit jugendlich geblondetem Haarschopf und gymnastischen Höchstleistungen füllt Altmeister Klaus Geber den Part des fidelen Schwerenöters und hat in mittleren Stimmlagen – mit Gespielin Stella (Maria Perlt) im Duett den Song „Schenk mir doch ein kleines bisschen Liebe, Liebe“ anstimmend – noch immer den klangvollen Bariton, der einst seine großen Opern-Rollen auszeichnete. Kein Wunder, dass ihn die Pusebach in gekonntem Parlandostil anschmachtet: „Oh Theophil, oh Theophil, Du warst mein Alles auf der Welt“. Er dirigiert gewissermaßen auch die mit goldgleißenden Sternenluftballons ausstaffierten Mondelfen, die das Nachtgestirn blank putzen müssen: Ein Sonderlob gebührt dem exzellenten Kinderchor des Pforzheimer Theaters, der nicht nur in dieser Szene begeisternd mitspielt und hervorragend singt. Da passt es gut, dass die sich den Mondbesuchern hinzu gesellende Marie (Franziska Tiedtke) die „Schlösser, die im Monde liegen“ walzerselig mit Sopran-Schmelz besingt.
Ein Star von ganz besonderem Kaliber ist Prinz Sternenschnuppe: Reto Rosin geriert sich in Outfit und verzückter Bewegungs-Anmache als „Elvis the pelvis“, gibt allerdings weder Pop- noch Rock-Musik zum besten, sondern gefühlige Operetten-Melodien. Wenn schlussendlich alle Akteure in ihren farbenfroh-spacigen Kostümen zum wiederholten Male chorisch mit großem Volumen den Schlager „Das macht die Berliner Luft“ intonieren, kann im rauschenden Publikums-Applaus nur noch ein Motto helfen: Oper-rette sich, wer kann!