Teil zwei der unbedingt Medien- und Trash-tauglichen Serie aus Köln, mit zwanzig Minuten etwas kürzer als der erste, hat schrille, scharfe Sequenzen: etwa die missratene Weihnachtsfeier bei Königs zu Hause. Der Sohn trägt Mädchenkleider und beschwert sich kreischend über falsche Geschenke; Mama reißt den Baum um, Papa weiß nicht ein noch aus… Und in der Einführung des „Was bisher geschah“ zu Beginn docken Palmetshofer und Regisseurin Karabulut deftig an in zeitgenössischem Müll-Sprech: mit ganz viel „bitches“ und auch sonst dem „heißesten Scheiß“. Kent, eine eher mürbe Strippenzieher-Figur, darf sogar für einen Augenblick zu Ernst August werden, dem Prügel-Prinzen aus dem Hause Hannover.
Palmetshofer hat schon öfter drastisch auf Gegenwart gesetzt – zum Glück dabei aber nie das originale Spielmaterial aus den Augen verloren. Hier unternehmen der Autor, Karabulut und das sehr animierte Ensemble gelegentliche Ausflüge ins Englische, und zugespitzte, angeschärfte Reim-Sequenzen verpassen dem Spiel für die Kameras den nötigen Drive. So kommt hier kaum jemals die Sehnsucht auf nach ein bisschen mehr vom ohnehin verstörenden Original. Die Geschichte dieser von der Gesellschaft verfluchten, letztlich alle Macht zerstörenden Männerliebe wurde viel zu selten zur Hausforderung für das Theater in neuerer Zeit: bei Francois-Michel Pesenti vor Urzeiten in Bremen (wo der Hof, wenn die Erinnerung nicht täuscht, ein Stall voll von ständig sich entleerenden Hühnern war!), bei Wolfgang Engel einst am Deutschen Theater in Berlin, bei Martin Kusej am Thalia Theater in Hamburg. Dass Pinar Karabulut aus pandemischer Not ausgerechnet auf diesen Stoff verfiel und ihn nun zur Serie aufmöbelt, lohnt die Mühe unbedingt. Und demnächst folgt dann auch schon der dritte Streich.