Das ist als Aufhänger nicht so schlecht, wenn man jungen Zuschauern vor Augen führen kann, wie (leicht) man in die Fänge einer Sekte geraten kann. Denn bald steht Sapor bei der Familie im Zimmer, erst nur zu Besuch, dann zieht er ein, die Einzugsermächtigung für den Ablass von Vater, Mutter, Tochter hat er gleich dabei. Und auch die Erklärung für Ivans Sekten-Anfälligkeit wird beiläufig geliefert: „Früher war ich niemand, jetzt werde ich gemocht.“ Vater (Yorck Hoßfeld) und Mutter (Jannike Schubert) geben schnell klein bei, sie trinkt aus der Flasche, er wanzt sich mit „Digga, Alter“ an den Sohn ran. Nur Yvette (wunderbar: Ekaterina Ivanova) bleibt renitent, redet von Gehirnwäsche und Zensur. Boris C. Motzki hat das geradlinig am Text entlang inszeniert, mit hipper Musik nach jeder Szene und immer wieder demselben Werbefilmchen für Limonade.
Das ist bis zur Pause des zweistündigen Abends nicht überragend, aber einigermaßen überzeugend. Doch dann dreht Gieselmann die Absurditätsschraube bis zum Anschlag und die Regie setzt dem leider nichts entgegen. Die Mutter wird auf Geheiß der Sekte durch Brior (Dagmar Poppy) ersetzt, die weinerlich über „diese furchtbaren Teenager“ schimpft. Der Hinweis auf die Trash-TV-Serie „Frauentausch“ fehlt ebensowenig wie gemeinsames Heulen und Zähneklappern mit Vater Klaus. Ivan, jetzt mit dem Sektennamen Ivor, übernimmt buddhagleich und selbstzufrieden das Kommando in der Familie. Dann erscheint der Mann aus der Limo-Werbung auf der Bühne, wird niedergeschlagen, soll plötzlich der Sektenmann Sapor sein. Auf einmal scheinen alle Undercover-Agenten gegen die Sekte zu sein und Yvette verfasst 9,5 Thesen (Achtung: Luther!) und klebt sie ans Hausgestänge. Am Ende sitzt die Familie wieder am Frühstückstisch, nun aber tragen alle vier die grüne Kapuzenkutte der Sekte. Schade, da wurden gleich zwei wichtige Themen verschenkt.