„Carmen“ als Doppelmord nach viel Herzpochen vor dem Auftritt war Gauthiers klassisch pointierter Beitrag zur Berliner Staatsballettgala. In „Dear John“ schlüpfte er selbst als aufgeregt-taffer Interpret neben Madsen in ein bewegendes Rollenspiel. Begleitet von Francis Rainey (Crankos Pianist) scheint im zitatreichen Rückblick die Erinnerung an den verehrten Schöpfer des Stuttgarter Ballettwunders auf (siehe Seite 38). Richtig krachen lässt er es dagegen in „Bang“: Multitalent Braswell rappt den Saal und wirbelt seine quirlige Partnerin Oloriz akrobatisch durch den Raum, bis diese der ersten Reihe direkt vor die Füße knallt. Worauf Schlagzeuger Albrecht-Herz die Schläger von sich wegwirft.
Neben den acht live getanzten Arbeiten trumpfte Gauthier dann noch mit einem ersten Tanzstück in 3D-Technik auf (ehe im Februar Wim Wenders 3D-Ballettfilm über Pina Bausch erscheinen wird): dem akkurat innerhalb weißer Stoffbahnen dahin fließenden Liebes-Trio „Threesome 3D“. Das Leinwandprodukt überraschte durch überscharfe Plastizität – der vorschnellende Arm der Tänzerin vor der eigenen Nase zum Anfassen nah. Ein Experiment, das bestens ankam, auch weil Gauthier in seiner gewinnenden Art die drei Protagonisten zum Abspann auf die Bühne scheuchte, um sich in Kostümen den Applaus abzuholen.