Foto: Christoph Sommer (Grünlich), Thomas Marx (Thomas Buddenbroock) und Wolfgang Finck (Kesselmeyer) in John von Düffels "Buddenbroocks" in Wilhelmshaven. © Volker Beinhorn
Text:Jens Fischer, am 26. September 2013
Es wird stets laut und deutlich, also gut verständlich gesprochen und den Augen zum Schmausen reichlich textiler Schnickschnack à la Belle Epoche sowie eine kleine Botschaft zwischendurch serviert: Reichtum macht nicht glücklich und kompromisslose Leistungsethiker werden es auch nicht. Herzlich beifällig nimmt das Publikum die Aufführung an.
Zur Spielzeiteröffnung erfüllt sich der neue Intendant der Landesbühne Nord, Olaf Strieb, einen Jugendtraum mit der Inszenierung der „Buddenbrooks“. In der Fassung John von Düffels wird die Generation fokussiert, die den finalen Niedergang der großbürgerlichen Kaufmannsfamilie mitverschuldet, weil auch sie ihr Leben den destruktiven Gesetzen des ökonomischen Denkens und dem finanziellen Wohlergehen des Unternehmens unterordnet. „Arbeite, bete und spare“. Kein Platz für Gefühle, Empfindungen, private Glücksvorstellungen. Wie diese weggedrückt, abgetötet werden und was das alles mit uns heute zu tun hat, wird auf der Bühne nirgendwo aufregend deutlich. Wenn Tony ihren Vater verzweifelt fragt: „Ich hoffe, du bist zufrieden mit mir“, und statt die Liebe ihres Lebens einen Widerling zur scheinbaren Absicherung des Firmenkapitals heiratet, müsste doch irgendwie inszeniert werden, dass hier ein Mensch sich selbst aufgibt, zerbricht. Tony aber geht einfach nur beiläufig ab. Die Figuren verändern sich nicht, bleiben versiegelt in stoischen Haltungen. Fassadendarsteller, Contenance-Monster. Statuarisch auf- und ausgestellt als Buchhalter ihres Daseins.
All das könnte als Konzept durchgehen: „Buddenbrooks“ als Tableau vivant mit eingesprochenem Text. Aber so konsequent ist Strieb dann nicht. Christian Buddenbrook darf selbstmitleidig herumschlawinern als dauernd abgebrannter Ich-will-Spaß-Typ. Und Tonys Freier sind als Störmanöver der Etikette und Schmunzelfaktoren durchaus vitale Gecken – aber eindimensional wie alle Figuren. Thomas Manns Gesellschaftsroman wird brav erstickt in blutleerer Theaternostalgie. Hölzern, nicht viel versprechend – dieser Intendanteneinstieg.