Hagen Müller-Stahl und Wolfgang Schwiedrzik inszenieren das, es ist wohl nicht zuviel gesagt, geradezu revolutionäre, umgedrehte Volksstück lapidar. Vor einer grauen Wand tauchen einzelne Versatzstücke auf, die auch schon mal unheilvolle Assoziationsräume öffnen. So lässt gleich im ersten Bild die Kirchentür durchaus an einen KZ-Verbrennungsofen denken. Bemerkenswert ist der reduzierte Stil, mit dem gespielt wird, ein Minimalismus. Der Künstlichkeit schafft, weil nur sparsam illustriert, der Fokus auf die oft fast redensartlichen Dialoge und die inneren Verhärtungen der Figuren gelegt wird. Das mit hervorragenden Schauspielern bayrischer und österreichischer Herkunft besetzte Ensemble (Ruth Drexel, Axel Bauer, Enzi Fuchs, Olga von Togni, Veronika Fitz, Richard Haller) hält das sehr klar und diszipliniert durch. Dass sie alle ein Ventil für ihre sozusagen tröpfchenweise austretende Aggressivität suchen, ist klar. Sie finden es eben in Abram (Dieter Kirchlechner) und en passant auch in Rovo (der damals 22-jährige Autor Martin Sperr, der in der Verfilmung von 1968 selbst den Abram spielte), der sich nach Abrams Verhaftung umbringt.
Aus heutiger Sicht ist das ganze vielleicht kein großes Theaterereignis, aber man bleibt die 80 Minuten wach vor dem Bildschirm – und erlebt einen echten, wenn auch mit Distanz servierten Horrortrip in die deutsche Nachkriegszeit und -kultur. Derartige Kostbarkeiten dürften gerne auch in Post-Corona-Zeiten ab und an Interessierten zur Verfügung gestellt werden.