Foto: Data Tavadzes "Kriegsmutter" am Gerhart-Hauptmann-Theater Zittau. Stefan Sieh © Pawel Sosnowski
Text:Ute Grundmann, am 22. Februar 2015
Der Krieg klopft laut an die eiserne Tür. Die Frauen dahinter wissen nicht, ob das Anfang oder Ende der Gewalt bedeutet, die sie bedroht, in der sie zu überleben versuchen. Aber Flucht, Angst und Bedrohung sind allgegenwärtig in ihrem Leben, das der junge georgische Dramatiker Data Tavadze in seinem Stück „Kriegsmutter“ beschreibt. Am Theater Zittau wurde es jetzt uraufgeführt, inszeniert von Piotr Jedrzejas, Intendant im polnischen Jelenia Góra.
Der polnische Bühnenbildner Jan Kozikowski hat dazu eine beklemmende Szenerie auf die Hinterbühne gebaut: Ein bunkerartiges Labor mit verrammelten Fenstern, in dem Sina (Sabine Krug) und Manana (Renate Schneider) absurderweise Heuschrecken züchten. Wozu und wie lange schon, bleibt offen. Doch die beiden Frauen machen weiter, gehorchen, so wie sie zu Beginn marschiert sind, mit Holzpantinen, die wie Stiefel auf den Boden knallen. Dabei flüstern sie laut vom Krieg, vor dem sie sich in ihrem Labor verstecken, und der doch in Gestalt der jungen Tina (Katinka Maché) zu ihnen kommt. Sie ist angeblich die Freundin von Sinas Sohn Irakli, der wie von einer geheimnisvollen Macht in den Krieg (ein)gezogen wurde. Und nun beginnt eine beklemmende Kriegsklage der Frauen, ohne Schlachtenlärm, ohne sichtbare Verwundungen, nur mit unheilvollen Geräuschen.
Mit seinem Stück gewann Data Tavadze einen von zwei ersten Plätzen beim 9. Osteuropäischen Dramawettbewerb „Talking about borders“; Schauspieldirektorin Dorotty Szalma, die zur Jury gehörte, holte die Uraufführung nach Zittau. Und Piotr Jedrzejas hat sie über weite Strecken beklemmend-realistisch inszeniert. Der Krieg ist überall und doch kaum greifbar; die Frauen sind Opfer und bringen zugleich ihre eigenen Mörder auf die Welt, wie Sina sagt. Die junge Tina ist für sie die einzige, brüchige Verbindung zu ihrem Krieger-Sohn; mal behütet sie sie, mal stößt sie sie weg. Der Krieg macht alle misstrauisch und verletzlich, furchtsam und zornig zugleich.
So ganz kann die gut zweistündige Aufführung die Intensität dieser Kriegsklage nicht halten, auch weil Tavadze zuviel in sein Stück hineinpackt.
Ein Psychodrama mit Klischees zwischen Sina und der Fast-Schwiegertochter, ein immer wieder kehrender uniformierte Kurier, der Iraklis Sold bringt, vom dem die Frauen überleben müssen. Und auch die Aufzählung all der Kriege und Toten der letzten Jahrzehnte braucht es nicht, der Gedanke an die Ostukraine schwingt von Beginn an mit. Aber auch wenn das Stück manchmal in Monologe zerfällt, ist es doch eine bewegende Klage über einen Krieg, der in jede Phase dieser Frauen-Leben kriecht, die sich mit der Wegseh-Frage „Was geht uns das alles an?“ zu entziehen versuchen, aber keinen Ausweg finden. Am Ende rührt Sina selbst die Trommel, die die Soldaten ruft.