Zwei Männer und zwei Frauen haben sich auf eine Zeitungsannonce hin auf den Weg in den Saarbrücker Stadtwald gemacht und treffen sich dort. Was Bernard (Markus Jaursch), Erna (Bettina Maria Bauer), Gertrud (Judith Braun) und Hektor (Stefan Röttig) erwartet, wissen sie nicht. Und ihr Reiseleiter (Gaetano Franzese) erscheint nicht. So machen sie sich allein auf die Wanderung. Und das ist nicht nur ein Weg ins Ungewisse, sondern auch zu sich selbst und den eigenen kulturellen Wurzeln, die die vier dabei reflektieren, oft mit unfreiwilliger Komik.
Die Bühne vom Robin Metzer zeigt in gemalten Kulissen das Panorama einer Waldlandschaft mit malerischen Felsen, in der Mitte der Bühne ist ein Stapel Holzscheite geschichtet, die Bühnenportale erinnern an Jugendstilmotive. Die Welt des Bildungsbürgertums wird auch in Florian Kiehls Kostümen lebendig. Hochgeschlossene ausgestellte Kleider mit langem Rock in dezenten hellen Beigebrauntönen lassen die Damen gouvernantenhaft wirken, die Herren tragen gutsitzende helle Doppelreiheranzüge.
Der Plot gliedert sich in fünf Akte – Aufbruch, Abenteuer, Unfall, Fieber und den Schlussakt mit dem philosophischen Titel „Das Ende ist der Anfang“. Erna freut sich am Wald mit seinen Vögeln und Kräutern, Gertrud entdeckt Beeren – und eine Bärenspur. Der Bär, der auf Rollen in die Szene fährt, hat Bernard das linke Auge ausgeschlagen. Seine Suche hat ihn so zum Wanderer-Wotan der Saarbrückener Wandergruppe werden lassen. Erna will Hilfe holen, verläuft sich dabei im Wald und flüchtet sich fiebernd in einen Bach. Das Gezänk um ihre Rettung beendet Bernard mit einem Machtwort. Und doch fällt ihm der Abschied von der Gruppe schwer, ein Abschied, der wie eine Mischung aus Therapiestunde und dem Erzählen der eigenen Geschichte wirkt, die im Nachhinein aus der eigenen Perspektive plötzlich ganz anders daherkommt. Zwischendurch taucht auch der umherirrende Reiseleiter auf und räsoniert über die Situation.
Das Werk passt in keine Schublade und das will es auch nicht. Ein virtuoser Umgang mit Genres und Stilebenen, die sich gegenseitig immer wieder parodieren, ist die ureigenste Handschrift von Marius Schötz und Marthe Meinhold. Alltagsnörgeleien und hehres Pathos wechseln sich in Sprechchören und Dialogen ab. Oft sind die Stilbrüche so abrupt, dass ihre Komik spontanes Schmunzeln und Lachen im Publikum hervorruft. Auch die musikalischen Stilzitate, die sowohl an Singspiele à la Mozart, Lortzing oder Flotow erinnern, wie auch die Anklänge an romantische Opern von Richard Wagner oder Lieder von Richard Strauss, Franz Schubert und Robert Schumann brechen immer wieder aus dem Pathos aus, hinterfragen und konterkarieren es so. Atmosphärische Stimmungen und Befindlichkeiten dagegen drückt Schötz durch elektronische Eigenkompositionen aus, sie setzen mit leise sirrenden Liegetönen oder abrupten Clusterfolgen oft auch den Impuls für neue Handlungssequenzen.
Die Zitiertechnik von Schötz lässt ein flirrendes musikalisches Kaleidoskop entstehen, das bei allem Wiedererkennen nie eklektizistisch wirkt und sich mit den Dialogen, Sprechchören, Soloarien und dem Klavierpart von Yu-Hsuan Lin zu einer homogenen Einheit ergänzt. Und den vier Sängern war der Spaß bei der Sache deutlich anzumerken. Mit unüberhörbarem Vergnügen und ausgeprägter Spielfreude ließen sie sich auf dieses Experiment ein, die Stilbrüche wirkten oft urkomisch, aber nie peinlich in dieser mutwilligen Humoreske mit ernsten Untertönen.