Sie haben es geschafft und den ausgewachsenen Buh-Sturm überstanden. Hoffentlich ohne größeren Schaden fürs Weitermach-Ego. Valentin Schwarz (Regie), Andrea Cozzi (Bühne) und Andy Besuch (Kostüme) haben in Bayreuth ihre Version des Nibelungerings in der Ästhetik einer Familienserie zu Ende erzählt. Zumindest sind sie beim Staffelfinale angekommen. Ob das nun wirklich als die große Auflösung der vielen Pfade taugt, die sie abseits der Vorgaben von Wagner und den Traditionen ganzer Generationen seiner Interpreten einschlugen, darf man getrost weiter als offene Frage behandeln.
Wo ist das große Ganze?
Man hätte schon gerne – bevor die Serie im Wagner-TV Bayreuth zu Ende ging – einen Drohnen-Rundflug über das gesamte Anwesen gehabt, von dem man immer nur einzelne Appartements zwischen luxuriös und bieder, düster vermüllte Kellerwohnungen, Wartesaal, Pool oder Trainingshalle zu sehen bekam. Vor allem hätte man gerne gesehen, wie weit die Firma Fafner&Fasolt mit der Umsetzung des avantgardistisch (oder archaisch – oder beides) anmutenden großkotzigen Anbaus im Pyramidenlook gekommen ist. Wenn mal was nach realisierter Pyramide aussah, war es da nicht nur ein kapriziös überdachter Felsen? Wir erfahren es nicht.
Und dabei ist das Ganze bei Schwarz keine in dunkle Nachtalbentiefe, göttliche Lichtalbenhöhe und Erdoberfläche für Riesen und sogar Menschen aufgeteilte Sagenwelt, die die richtige Welt im Fantastischen spiegelt. Der Regisseur will vor allem die Welt einer recht schrägen Großfamilie aus der Musik erlauschen und auf die Bühne bringen. Und nimmt sich dabei jede Menge Freiheiten.
Natürlich singen auch hier alle, was sie sollen. Bei einigen von ihnen versteht man sogar jedes Wort. Wie beim exzellenten Michael Kupfer-Radecky als Guther, der schon Wotan im dritten Akt der Walküre vertrat. Zusammen mit seiner Schwester Gutrune (fulminant: Elisabeth Teige) macht er sich gerade im luxuriösen Teil des Anwesens breit.
Auch Christa Mayer hält wieder – diesmal als Waltraute – das Banner der gepflegten Aussprache hoch. Das nützt ihr (Waltraute, nicht Frau Mayer) aber bei ihrer Schwester Brünnhilde nichts. Und das nicht, weil Iréne Theorin, als Sängerin eher am anderen Ende der Skala, vor allem die Kunst des Vokalisierens pflegt, sondern weil sie hier, im ersten Aufzug dieser „Götterdämmerung“, vollends zur Hausfrau – und, fast typisch für diesen notorisch kinderfreudigen Ring – auch zur Mutter geworden ist. Brünnhilde und Siegfried leben hier, wo einst auch Siegmund und Sieglinde aufwuchsen, so eng mit ihrem Knirps beinander, dass für Siegfried (und Hausfaktotum Grane) mal eine Auszeit nottut.