Kleists Käthchen ist eine Radikale, die sich, vollkommen einsam, unbeirrt auf ihre Liebe beruft. Ist das neurotisch oder großartig? Ihr Gefühl dämonisch oder göttlich? Käthchens naive Getriebenheit, die uns Pragmatikern heute so pathologisch vorkommen kann, zeigt Anne Müller in einer Mischung aus Unschuld und Verkrampfung. Der Furor mit dem sie ihr Käthchen spielt, ohne je nur devot den Geliebten anzuhimmeln – das macht sie inmitten dieser Hampel-Ritter zur Figur mit den menschlichsten Zügen.
Erst nach der Pause, wenn der Graf das Käthchen mit der Peitsche vor sich her treibt, zeigt uns auch Meyerhoff endlich einen Menschen: Voll versteckter erotischer Begierde wütet er nicht nur gegen das Mädchen, sondern ebenso gegen sich und seine uneingestandene Liebe. Das ist eine Szene, die die emotionalen Tiefen des Dramas erahnen lässt – zu seltene Augenblicke an diesem dreieinhalbstündigen Abend.