Intendant Jürgen Zielinski inszeniert die Uraufführung an der Leipziger Bühne (die ja gerade das 70-jährige Bestehen feierte) als Stationen-Drama mit ambitioniertem Überbau – wie Waldorf und Statler aus der guten alten Muppets-Show agieren und räsonnieren Hirsch und Fuchs von der Höhe der Bühne und erklärtermaßen vom Himmel herab; Besuch bekommen sie vom dritten im Bunde des legendären Karlsruher „Innensturms“. Kommt Fritz Förderer aber nicht direkt aus der Hölle? Er hielt sein Fähnchen immerhin beständig im richtigen Wind, machte Karriere im Nazi-Reich und trainierte gar eine Mannschaft im Konzentrationslager Buchenwald. Die sowjetischen Besatzer übernahmen sein Talent – Förderer wird immer wieder zum karrieristisch-kompromisslerischen Widerpart von Fuchs und Hirsch.
Fuchs übrigens gelang die Flucht ins Exil, und auch den Fußball gab er auf: wechselte zum feineren Tennis. Die ruppig räsonnierenden Alten im Kicker-Himmel grundieren den Ton der Inszenierung. Menke-Peitzmeyer lässt Jullers Jugend Revue passieren (wo ihn schon der der deutsche Hass auf alles Jüdische trifft), danach die Zeit der ersten Erfolge. In den Ersten Weltkrieg geht Julius Hirsch wie so viele andere auch, um das eigene Deutschtum zu beweisen – auch ihm aber nützt das nichts. Der Verein, mit dem und für den er lebte, erteilt ihm Hausverbot; nach kurzen Fluchten nach Frankreich und in den Trainerberuf schickt ihn das Arbeitsamt in den Steinbruch. Aber auch ein Selbstmordversuch markiert Jullers Weg; danach führt der Weg in die psychiatrische Behandlung.
Schlaglichtartig nimmt der Autor das schreckliche Schicksal ins Visier. Um die Familie überleben zu lassen, lässt Juller sich scheiden; zurückkommend aus Theresienstadt, suchen Frau und Kinder ihn. Juller aber bleibt verschollen.
Menke-Peitzmeyers szenische Miniaturen brauchen eine starke dramaturgische Form; und vielleicht wäre auch eine andere als die denkbar, die Zielinski für die Uraufführung wählt. Deutlich zu viel Musik durchzieht den fußballspiel-langen Abend (der am Schluss sogar zweieinhalb Minuten Verlängerung verpasst bekommt – schöne Pointe …); und dem Ensemble, das mit nur fünf Darstellerinnen und Darstellern noch gut zwei Dutzend weitere Personen bewältigt, wäre durchaus ein wenig mehr Konzentrationen auf einzelne Haltungen zu wünschen. So bleibt’s beim etwas wimmeligen Panorama-Bild: mit Philipp Oehme im Mittelpunkt, als Held im freien Fall.
Die wichtigste Bewährung steht der Aufführung noch bevor – wie wird sich im gerade ziemlich fußball-verrückten Leipzig junges Publikum auseinandersetzen mit dieser Geschichte aus finstren, gern verdrängten Zeiten? Dies ist wieder mal ein Anpfiff zur Erinnerung, und das Spiel ist längst noch nicht zu Ende.