Große Show
Alle Figuren führen sich singend ein. Gerd Friedrich hat ihnen bunte, nicht realistische Kostüme geschaffen. Wenn es um die Dorfatmosphäre geht, glänzt „Brigitte Bordeaux“ mit kabarettistischen Einlagen. Vor allen Dingen Tom Christopher Büning brilliert in verschiedenen Rollen wie Bürgermeister oder Nachbar mit präziser Komik. Tom von Hasselt und Sergej Gößner arbeiten mit irritierenden Spannungsmomenten, die auf ein Geheimnis hinter aller schillernder Unterhaltung verweisen. Sie haben eine große Sympathie für das „Anderssein“, für Menschen, die sich eine andere Identität wünschen als der, mit der sie geboren wurden. Sie problematisieren, wie die Gesellschaft mit diesen vermeintlich Anderen umgeht. Konsequent wird diese Perspektive auch von der Uraufführungsinszenierung, die Mitintendant Alexander May von den Burgfestspielen in Mayen mitgebracht und für das Haus in Memmingen modifiziert hat, eingehalten: Das Publikum wird direkt angesprochen, Szenen wie die, die die Vorurteile der Nachbarn gegen Transmenschen zeigen, werden im Zuschauerraum gespielt: Es gilt, die eigenen Vorurteile zu überprüfen. Leider wird das am Ende auch als direkter Appell formuliert.
Brigitte/Herbert ist zum guten Schluss wieder Herbert. Er hat das Ganze nur inszeniert, um herauszufinden, wie ein Transmensch sich fühlt. Denn Brigitte Bordeaux ist sein Sohn, den er einst verstieß, als dieser sich outete. Friede, Freude, Eierkuchen? Nun Brigitte wird für ein Jahr das geliebte Paris mit seiner Lebensfreude und Gegenbild zur tristen Provinz verlassen, um in Moselheim als Weinkönigin zu residieren. Gelöst ist aber nichts, man wird weiter hart an den Vorurteilen arbeiten müssen.
Was diese Inszenierung auszeichnet, ist diese schillernde Vermischung von Unterhaltung und Tiefe des Themas, von lauten und ruhigen Momenten – ein Höhepunkt, wenn Tobias Bode als Brigitte Bordeaux von den Erfahrungen des Andersseins singt. Musikalisch dominiert das Chanson mit Anspielungen an rockige Rhythmen. Hinter verschlossenem Vorhang, der sich erst gegen Ende hin öffnet, spielt unter der Leitung von Sebastian Klein eine vierköpfige Band in der Besetzung Piano, Gitarre, Bass und Drums, eingängig und mit Schmiss.
Langer Applaus im vollbesetzten Landestheater, der hoffentlich auch dem Thema gezollt war.