Bis dahin ist einiges zu erleben im gelegentlich in Richtung Karl Valentin verrutschenden Absurditäten-Kabinett. Noch vor dem Abdanken muss der alte König die Gemahlin per Zangengeburt von Zwillingen entbinden (zwei elastische Gummi-Nabelschnüre von je vier Metern sind zu bewundern), man stößt auf die Logik von Geheimgängen im Ernstfall (keiner kann sie finden, weil sie ja geheim sind), hört die überirdische hallenden Worte eines Erzengels (und sieht den leeren Eimer, in den der Akteur hineinspricht) und erfreut sich am Aufgalopp eines staatlichen „Finanzpferdes“ (was ein Supermarkt-Einkaufswagen mit Schaukelpferdkopf ist). Derweil werden die Blutspuren immer breiter, die Anarchie ergreift ruppig das Bühnenbild und es kann gerade noch geklärt werden, warum das Volk immer alles bezahlen muss: „Das Volk darf schließlich sterben“, hört man aus dem Königshaus.
Das große Aphorismen-Donnerwetter ist in der Renshaw-Inszenierung nur laut geschaltete Randerscheinung, denn die Stärken dieser Regisseurin, die aus der Choreographie kommt und in Fürth ja auch schon ein feinfühliger angelegtes Tanztheaterstück mit dem Titel „Könige“ schuf, bleiben bei Bewegung und Musik. Ein vorzügliches Quartett (Andreas Blüml, Frieder Nagel, Norbert Nagel, Werner Treiber) umspült die Szenen mit Soundtrack aus dem Orchestergraben, manchmal so süffig, dass kurzfristig die Hoffnung keimt, es könnte Jacques Tati zur Hilfestellung um die Ecke biegen. Im Ensemble mit fünf Schauspielerinnen und Schauspielern und fünf Statistinnen und Statisten ist der artistisch einsteigende Tänzer Martin Dvorák (er ist auch sein eigener Choreograph) ein Dreh- und Angelpunkt der Produktion. Bei der Dialogregie allerdings dominieren die Temperaments-Pauschalen, die aufgebäumte Sprache von Alfred Jarry (in der Übersetzung von Marlis und Paul Pörtner) wird von den differenzierter angelegten szenischen Attacken verwischt. Einmal in dieser Aufführung twittert das Großmaul im Amt, der polternde König Ubu; was mag bloß damit gemeint sein? Am Ende war das Premierenpublikum offenbar weder provoziert noch herausgefordert, es applaudierte dezent.