Das Zusammenspiel von klugem Text und fünf großartigen Spielerinnen schafft dichte 90 Minuten, in denen von Liebe bis Hass, Wut- und Freudentränen alles dabei ist. An dieser Stelle verbieten sich Einzellobe, weil diese wieder Zuschreibungen und Zuschneidungen, ergo Reduktionen wären. Absolute Spielfreude wie tiefe Unzufriedenheit mit den Verhältnissen sprechen aus Birte Leest, Shari Asha Crosson, Gina Calinoiu, Fanny Staffa und Ursula Schucht. Alle sind hochpräsent und ihr Spiel ist mitunter von hoher Physis. Mit Verve buchstabieren die fünf die Ikonographien von Weiblichkeit zwischen Hure und Heiliger, von Popkultur bis Wissenschaft durch. Immer wieder erscheint die Frau dabei als das Markierte, das Andere. Sie wird vergöttert und als unberührbar tabuisiert, geschunden und geschändet, verbannt und verbrannt. Regisseurin Babett Grube schafft griffige Bilder für die Übersetzung auf die Bühne. Zu Beginn treten die Spielerinnen als Perchten, wilde Frauen in Fellen auf, die die ungezügelte weibliche Natur zur Schau bringen. Für eine Hochzeitsszene wird ein Scheiterhaufen in Stellung gebracht: an eine Spielerin angelehnte Holzlatten, während sie sich als Pfahl gen Himmel streckt. Zur Geburt hüpfen blutige Bälle und Luftballons von der Decke.
Pünktlich zur Feier von 100 Jahren Frauenrecht, dem Anlass für das Auftragswerk an Laura Naumann, wird so auch dem Ignorantesten deutlich, dass in puncto Geschlechtergerechtigkeit noch einiges getan, wohl erstritten werden muss. Dass dieser Kampf verbunden ist mit der Kritik an Rassismus, an Alters-, Lebens- und Liebesweisen-Diskriminierung, wird nicht allein textlich klar: Das zeigen schon die Spielerinnen, die aus verschiedenen Generationen stammen, verschiedene Herkünfte und Hautnuancen haben. Stärkste Momente der Produktion sind ein chorischer Nein-heißt-Nein-Vortrag und eine schier endlose Aufzählung von Belästigungserlebnissen. Die fünf blättern in einem imaginären Fotoalbum und schildern sich gegenseitig ihre Erlebnisse à la: „Da bin ich 12 und das Bild zeigt, wie der Sportlehrer mich beim Bockspringen berührt – aus Versehen natürlich.“ „Hier bin ich mit 16. Ich tanze und werde von einem Fremden am Hintern berührt. Hier bin ich 30, tanze und werde am Hintern berührt.“ Etc. pp. Über viele Minuten zieht sich diese Anklage hin und macht einfach zornig. Der chorische Vortrag dessen, was Frauen genau meinen, wenn sie „Nein“ (Hint: Nein!) sagen, macht durch seine Intensität direkt betroffen. Klarer kann man das Recht auf Anerkennung, Nichtbelästigung und Unversehrtheit nicht formulieren – verbunden mit Wünschen, wie eine für alle Menschen bessere Welt aussehen sollte. Vieles ist zu tun, bis sich der Schlusssatz bewahrheitet. Aber über das Frauenwahlrecht wurde einst auch mal gelacht.