Quilters Text hat beträchtliche Fallhöhen – vom klug gestrickten Dialog bis zur blanken Platitüde. Und der Autor versucht sich einigermaßen freudianisch an der Ursachenforschung für Garlands offene, bis in die Schizophrenie reichende Psychopathologie: die ambitiöse Mutter, die gierigen Männer, der Kulturbetrieb, der der Künstlerin das letzte Quäntchen Energie aussagt. Das wäre sicher beträchtlich interessanter, wenn es mehr Handlungs- und Ideenträger gäbe als nur die beiden so unterschiedlichen Verehrer.
Im Drei-Personen-Ensemble verschärft sich dieses Defizit noch. Denn der Schauspielerin und Sängerin Marion Martienzen, auch jenseits Hamburgs durch regelmäßige Mitarbeit an den Liederabenden von Franz Wittenbrink bekannt, steht mit Thomas Borchert (als Pianist) und Gunnar Titzmann (als halbseidenem Jüngling und Ex-Club-Besitzer, der demnächst Garlands Ehemann Nummer 5 werden soll und will) niemand gegenüber, der wirklich zum Partner auf Augenhöhe werden könnte. Denn keiner von ihnen kann ein Spezialtalent ausspielen wie es Martienzens grandiose Stimme möglich macht; und der Text der beiden Männer ist letztlich zu dünn, wie sehr sich Martin Maria Blaus Inszenierung auch um Profil für alle bemüht – zu wenig Charakter, zu viel Abziehbild.
Was bleibt, ist starke Musik, von Jan-Peter Klöpfel arrangiert für eine hinreißend singende Schauspielerin und die NDR Bigband. Und wer weiß: vielleicht steht am Ende der Spielserie, oder am Beginn der nächsten Saison, auch ein Konzert: Martienzen sings Garland. Mit großem Orchester, und jenseits vom Ragenbogen.