Foto: Sebastian Campione (Der Manager), Bjørn Waag (Daniello), Steffi Lehmann (Yvonne), Larissa Krokhina (Anita) und der Opernchor des DNT © Stephan Walzl
Text:Ute Grundmann, am 30. Mai 2014
Der elegante Jonny windet sich überall durch. In silber-glänzendem Anzug und passendem Käppi flirtet und stiehlt er, er verführt und flüchtet vor der Polizei. Krister St. Hill spielt diesen charmanten Tunichtgut, der ebenso geschmeidig wie aalglatt, charmant und rücksichtslos ist. Er ist die Titel-, aber nicht die Hauptfigur in Ernst Kreneks reizvoller, aber selten gespielten Oper „Jonny spielt auf“, die Frank Hilbrich jetzt im deutschen Nationaltheater Weimar inszeniert hat.
Volker Thiele hat dafür auf die große Bühne eine Art Spiel-Kiste gestellt: Einen großen Saal, in dem die Rückwand die verschiedenen Orte hereindreht und so fließende Szenenübergänge möglich macht. Der erste Ort ist ein Museum, in dem der Gletscher – an dem die Protagonisten, der Komponist Max und die Sängerin Anita sich treffen – „nur“ als großes Gemälde an der Wand hängt. Hier schlendern zu Beginn Touristengruppen durch, gelangweilt, beflissen, joggend – bis Max (Alexander Günther) vor dem Bild sitzen bleibt, dann die Türen schließt, das Licht löscht und die Musik beginnt. Dieses Augenzwinkernde, das als-ob wird in Hilbrich gelungener Inszenierung immer wiederkehren, vor allem in den Massenszenen, aber er läßt sich und seine Protagonisten auch immer wieder auf die großen Gefühle ein, die Kreneks 1927 in Leipzig uraufgeführtes Werk auch bietet. Diesen ständigen Wechsel zwischen Ernsthaftigkeit und Ironie, der einen Reiz der Oper ausmacht, spielt Hilbrich immer wieder gekonnt aus.
Da ist die erste große Szenen der Liebenden Max und Anita (Larissa Krokhina), in der das Klavier den Gesang sehnsüchtig begleitet, ehe er in einen dramatischen Abschied mündet. Gleich drauf ist man in einem Hotel, wo das Stubenmädchen Yvonne (Steffi Lehmann) zu jazzig-rhythmischen Klängen den Schrubber schwingt, und der elegante Geigenvirtuose Daniello (Björn Waag) von einer Fanmenge bedrängt wird und wenig später die Stimme der Sängerin Anita besingen wird. So geht es in dieser etwas verwickelten Geschichte und verlorene Liebe und eine gestohlene Geige immer auch um die Musik, die mal weich und melodisch ist, dann geben die Bläser höhnische Kommentare ab, kommen aus dem (Radio-)Lautsprecher jazzig-flinke Klänge, die vom Orchester aufgenommen werden. Die Staatskapelle Weimar unter Martin Hoff läßt Kreneks Musik in allen ihren Facetten funkeln und auch die Sängerdarsteller überzeugen.
Alexander Günther als grübelnd-melancholischer Komponist, der zu Beginn des zweiten Aktes in einem langen Solo, das er souverän trägt, die Liebe zu Anita besingt und zugleich deren Fortbleiben fürchtet. Selbst das etwas Raunende, als er später in den Gletscher steigt und der mit ihm spricht, macht er glaubhaft. Und aus solchen dicht-intensiven Szenen geht es in der knapp dreistündigen Inszenierung dann wieder in das komisch-wilde Durcheinander des Bahnhofs, von der Musik augenzwinkernd angetrieben, von wo es in die große Freiheit gehen soll. Doch bevor es dazu kommt – und das kann wie alles vorher Realität, Traum, Illusion gewesen sein – bricht erst mal die Welt und mit ihr das Bühnenbild auseinander.