Screenshots der Spielpläne der Schauspielhäuser in Düsseldorf, Bochum und Köln

Krisentagebuch 43 – Ausfälle, Ausfälle

Am letzten Sonntag ist es mir selbst zum ersten Mal passiert: Ich stand vor einem geschlossenen Theater, eine halbe Stunde vor dem angekündigten Premierenbeginn. Ein Ensemblemitglied war positiv auf Corona getestet worden, weswegen die Vorstellung ausfallen musste. Das verstehst Du als Zuschauer (und als Kritiker), klar, aber Spaß macht es natürlich auch nicht.

Die Wahrscheinlichkeit, dass solch ein Erlebnis zumindest regelmäßigen Theatergängern in naher Zukunft widerfährt, ist groß wie nie. An etlichen Orten fallen immer wieder  einzelne Aufführungen oder ganze Vorstellungsserien aus, Premieren werden (teilweise mehrfach) verschoben oder fallen schließlich ganz aus. Allein in den letzten drei Tagen erreichten uns Nachrichten über kurzfristige Premierenverschiebungen und -ausfälle aus Dortmund, Kaiserslautern, Linz, München, Göttingen, Annaberg-Buchholz und Paderborn. Und die Liste erhebt auch nicht ansatzweise einen Anspruch auf Vollständigkeit. So gut wie kein Haus kommt ohne, oft notgedrungen kurzfristige, Absagen von Repertoirevorstellungen aus.

Natürlich, kann und darf man einwenden, hat die Welt, haben wir alle im Moment andere Probleme als Gesundheit im Theater und die Gewährleistung des Vorstellungsbetriebes. Aber haben wir es hier nicht doch mit einer seriösen Bedrohung für die Bühnen zu tun, auch wenn sich diese gleichsam unter dem Radar befindet? Wenn Vorstellungsbesuche nicht verlässlich planbar sind, wie wird das gerade wieder in Ansätzen zurückgekommene Publikum reagieren? Willig am Vorstellungstag auf der Theater-Homepage nachschauen, ob die gekaufte Karte tatsächlich zum Einlass berechtigt? Oder erneut in den monate- oder jahrelang eingeübten Abwartemodus gehen?

Die Politik suggeriert, durchaus souffliert von breiten Teilen der Medienlandschaft, dass die Pandemie, zumindest was die aktuelle „Welle“ angeht, so gut wie vorbei ist, und kündigt an, zum 20. März viele Corona-Verhaltensregeln komplett aufzuheben.

Dabei sind die Theater zum wiederholten Male seit Ausbruch der Pandemie in einer Situation, auf die sie nicht mit ihren ureigenen, also künstlerischen Mitteln reagieren können. Wie sie das ja zum Beispiel im Umgang mit dem Krieg in der Ukraine in herausragender Weise tun, sei es mit Matineen, Konzerten, Lesungen und Spendengalas, oft sogar zusätzlich im Live-Stream. Was Corona angeht, bleibt nur das fast schon Übliche: Abwarten, Kommunizieren und die Hoffnung, dass die optimistische Weissagung der Spitzenpolitik vielleicht doch irgendwann demnächst in Erfüllung geht. So dass dieses vielleicht das letzte Krisentagebuch dazu sein könnte. Ich wünsche mir das sehr. Allein…