Die Zeitschriften des „Theaterverlags“ bekommen eine neue Medienheimat.

Ein neues Verlagshaus für Theater heute & Co

Gerade erreichen uns Nachrichten über eine große Verschiebung im Portfolio der deutschen Theaterzeitschriften. Der Berliner Theaterverlag, der die Zeitschriften Theater heute, Opernwelt, tanz und Bühnentechnische Rundschau sowie das digitale TheaterMagazin herausbringt, wird ab heute (1. September 2021) bei der dfv Mediengruppe eine neue verlegerische Heimat finden. Das meldet die bei der dfv Mediengruppe erscheinende Zeitschrift Horizont. Zeitung für Marketing, Werbung und Medien auf ihrer Online-Seite (hier der Artikel).

Bisheriger Eigentümer von Der Theaterverlag – Friedrich Berlin Verlag GmbH war seit 2012 der renommierte Theaterkritiker und Autor Michael Merschmeier, der dem Verlag zuvor bereits seit 1981 als Redakteur und seit 1995 auch als verlegerischer Geschäftsführer verbunden war. Bei der dfv Mediengruppe wird nun Torsten Kutschke als Geschäftsführender Gesellschafter den Theaterverlag leiten, laut Horizonte „langjähriger Abonnent von Theater heute und bekennender Theatergänger“. Kutschke ist Gesamtverlagsleiter der juristischen Medien und der Technischen Fachzeitschriften bei dfv. Sönke Reimers, einer der beiden Sprecher der Geschäftsführung, wird weiterer Geschäftsführer der Gesellschaft. Die Übernahme erfolgt rückwirkend zum 1. Januar 2021.

Diese Veränderungen bei dem in der Theaterszene hoch angesehenen Verlag sind ein ziemlich überraschender Coup. Denn man hätte die in Frankfurt angesiedelte dfv Mediengruppe bislang nicht unbedingt mit Theaterzeitschriften in Verbindung gebracht. Möglicherweise hat hier tatsächlich Kutschkes persönliche Theaterleidenschaft eine Rolle gespielt. Und das muss ja für eine Zusammenarbeit keineswegs eine schlechte Basis sein, solange dahinter ein wirkliches Engagement für die Zeitschriften steht. Kutschke jedenfalls gibt in Horizonte zu Protokoll, er sei ist als neuer geschäftsführender Gesellschafter davon überzeugt, „dass die Darstellenden Künste auch in Zukunft die Kultur im deutschsprachigen Raum entscheidend mitprägen und die Zeitschriften von Der Theaterverlag dabei weiterhin eine herausragende Rolle spielen werden.“ Außerdem sollen alle acht festangestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter übernommen werden, der Verlag bleibe in Berlin. Michael Merschmeier soll dem Theaterverlag für eine Übergangszeit als Berater verbunden bleiben. All das spricht zunächst mal für ein Bemühen um Erhaltung und Kontinuität.

Ob sich daraus eine auch mittelfristig tragfähige Perspektive entwickeln wird, ist derzeit schwer vorherzusagen. Die dfv Mediengruppe gehört mit über 80 Fachtiteln, zahlreichen Veranstaltungen, Digitalangeboten und Fachbüchern für elf Wirtschaftsbereiche zu den bedeutendsten konzernunabhängigen Medienhäusern Europas. Ihre Kompetenzen lagen bisher aber vor allem im Bereich Wirtschaft, Dienstleistungen, Finanzen, Recht und Steuern. Wie sich da ein Theaterverlag synergetisch einfügen kann, ist nicht auf Anhieb zu erkennen. Horizonte sieht „Anknüpfungspunkte und Querschnittsthemen zu nahezu allen Wirtschaftsbereichen, die der Fachverlag bedient“ und nennt unter anderem die Markenbildung von Städten, wo Kultur eine wichtige Rolle spiele, um Einwohner, Touristen und Unternehmen für sich zu gewinnen. Darüber hinaus werden „modernes Medienmarketing, die Diskussion um Urheberrechte im digitalen Zeitalter, Textilien und Design von Bühnenkostümen“ als gemeinsam Querschnittsthemen genannt. Das klingt teils nach verschmockter Standortfaktor-Prosa, teils nach einem merkantilistisch verkürzten Theaterverständnis, wie man es mit dem einst von Erhard Friedrich und Henning Rischbieter gegründeten Verlag und seinen Zeitschriften nur schwer in Verbindung bringt. Aber die Zeiten ändern sich und die Zeitschriften mit ihnen. Warten wir’s ab, ob zum Besseren oder Schlechteren.