Blick in die „Theaterapparate“-Ausstellung im Bauhausmuseum in Dessau

Ein Ausstellungsbesuch in Dessau

Unsere Mitarbeiterin Ute Grundmann war für DIE DEUTSCHE BÜHNE bei der Öffnung des Anhaltischen Theaters in Dessau – und nahm die Gelegenheit wahr, auch mal wieder live eine Museum zu besuchen. Die Auatellung „Vom Sammeln: Theaterapparate. Maschinelle Bühnenentwürfe von Joost Schmidt und Stefan Sebök im Bauhaus Museum Dessau faszinierte sie, nicht nur wegen ihrer theaterhistorischen Bedeutung:

Revolutionsfilme flimmern über den Köpfen der Passanten. Darunter tanzen Paare in Folklore- und Ballettkleidern. Ebenerdig konnten Clowns, aber auch Werbung das Publikum unterhalten. Als Union der Medien stellte sich Stefan Sebök 1930 sein Denkmal für einen ukrainischen Dichter vor. Doch gesehen hat der ungarische Architekt sein Werk nie; erst jetzt baute Jürgen Steger das Modell für eine Kabinettausstellung im Bauhaus Museum Dessau.
Sogar ein Schaltpult gab Sebök dem Denkmal mit: Das Publikum sollte so bestimmen, was es sehen wollte. Sein bis heute faszinierender Entwurf war der Nachklang seiner Arbeit bei und mit Walter Gropius und Lászlo Moholy-Nagy zwischen 1927 und 1930. Raum- und Totaltheater, Einbeziehung aller Medien einschließlich des Kinos ins Bühnengeschehen waren ihre Leitthemen.

 

Stefan Sebök, Aufnahmedatum und -gelegenheit unbekannt. Quelle: www.monoskop.org

Stefan Sebök (1901-1941), aufgenommen in der Sowietunion, Ort und Datum unbekannt

Dabei war der 1901 in Szolnok im heutigen Ungarn geborene Stefan Sebök nicht nur als Ingenieur beteiligt, sondern selbst „Architekt und Künstler“, wie Kurator Torsten Blume betont: „Moholy-Nagy machte Pläne, Sebök hat sie umgesetzt.“ So wurden aus den fliegenden Lautsprechern und Grammophonen, die Moholy-Nagy skizziert hatte, Puppen und Vögel an Fäden – für den „Kaufmann von Berlin“ von Walter Mehring in der Piscator-Bühne am Nollendorfplatz in Berlin. Seböks Mitwirkung an dieser Aufsehen erregenden Uraufführung ist heute so unbekannt wie der Künstler und Mensch: 1931 ging er in die Sowjetunion, um mit dem konstruktivistischen Architekten Moisei Ginzbrug zusammenzuarbeiten. Eine Moskauer Metro-Station ist sein letztes bekanntes Projekt. 1941 der Spionage für die Gestapo verdächtigt, wurde er zum Tode verurteilt, starb aber vor der Hinrichtung im Gefängnis an Unterernährung und Ruhr. Was man heute noch von ihm weiß, stammt vor allem aus KGB-Akten. Die Nachfrage eines Großneffen Seböks brachte nun die Bauhaus-Mitarbeiter auf die Spur. So ist in Dessau auch ein Foto zu sehen, das Lucia Moholy von ihm machte – es zeigt ein freundliches, waches Gesicht mit umschatteten Augen.

 

Blick in die Ausstellung "Vom Sammeln: Theaterapparate" ©Thomas Meyer

Blick in die Ausstellung „Vom Sammeln: Theaterapparate“ ©Thomas Meyer

Doch nicht nur an den Ungarn, der nur 40 Jahre alt wurde, erinnert die kleine, sehr feine Schau. Sie blickt auch auf die  Theaterapparate und maschinellen Bühnenentwürfe zurück, mit denen sich die Ära der Mechanik in Schauspiel und Oper niederschlug. Andor Weiningers Szenenentwürfe sind wie mit dem Lineal gezogen, sprühen aber vor Farben. Ilse Fehling wollte eine Rundbühne für Stabmarionetten bauen. Deren Gipsmodelle – wie kleine Stelen – sind hier zu sehen. Ebenso Hilde Rantzschs Spielpuppen aus Ringen, Keulen und Knöpfen – lange, farbige Stecknadeln machen die Frisur. Und Joost Schmidt propagierte und plante die Dessauer Bauhaus-Bühne als Laboratorium: Seine Entwürfe zeigen Bewegungsrichtungen und Drehachsen, markante Pfeile weisen die Blickrichtung der Zuschauer an. Ein Schienensystem sollte diverse Formelemente und Bewegungen ermöglichen. Doch auch von seinen Entwürfen wurde kaum etwas verwirklicht. Oskar Schlemmer, Leiter der Bauhaus-Bühnenwerkstatt und eher skeptisch gegenüber den Form- und Farbspielen, waren Joost Schmidts Ideen schlicht zu teuer.

Die Ausstellung „Vom Sammeln: Theaterapparate. Maschinelle Bühnenentwürfe von Joost Schmidt und Stefan Sebök“ ist offiziell bis 13. Juni terminiert. Das Bauhaus Museum Dessau ist, aufgrund der bundesweiten Notbremse-Verordnungen, seit dem 26. April wieder geschlossen. Ob die Ausstellung noch einmal öffentlich zugänglich sein wird, ist nicht sicher.

Update: Ab 1. Juni öffnet die Ausstellung wieder. Tickets sind ausschließlich, unter Angabe der Kontaktdaten, online erwerbbar. Ein Corona-Test ist nicht notwendig.

 

Das Bauhaus Museum in Dessau ©Thomas Meyer

Das Bauhaus Museum in Dessau ©Thomas Meyer