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Matthias Lilienthal wird Intendant der Berliner Volksbühne
Foto: Matthias Lilienthal © Judith Buss Text:Detlev Baur, am 7. Februar 2025
Matthias Lilienthal wird ab der kommenden Spielzeit Intendant der Berliner Volksbühne. Das wurde heute morgen bekannt. Für die Berliner Theaterszene ist das eine gute Nachricht.
Der als planloser Sparkommissar zuletzt (und zurecht) viel gescholtene Berliner Kultursenator Joe Chialo konnte heute morgen eine in die Zukunft weisende Botschaft verkünden: Matthias Lilienthal wird Intendant der Volksbühne.
Der 65-Jährige war in den ersten Jahren der epochalen Intendanz Frank Castorfs in den 1990er Jahren Chefdramaturg des Hauses. Von 2003 bis 2012 leitete er dann mit dem Berliner HAU ein Theater ohne eigenes Ensemble, bevor er 2015 Intendant der Münchner Kammerspiele wurde. Die dort von ihm betriebene Transformation vom klassischen Sprechtheater in ein in jeder Hinsicht diverses Haus stieß auf Widerstände. Dennoch wurde zum Ende seiner fünfjährigen Intendanz deutlich, dass Experimente auch ein breites Publikum erreichen können. Lilienthal bewies – mit Künstler:innen wie Toshiki Okada, Christopher Rüping oder Florentina Holzinger –, dass Kunstfertigkeit und Gesellschaftskritik zusammengehören können.
Die so erfolgreiche wie umstrittene Choreografin Florentina Holzinger war in den letzten Jahren schon die prägende Künstlerin der Volksbühne. Holzinger wird gemeinsam mit Marlene Monteiro Freitas als „Artistic Board“ den gebürtigen Berliner unterstützen.
Internationales Tanztheater hatte schon in Castorfs 25-jähriger Intendanz seinen Platz in dem Schauspielhaus am Rosa-Luxemburg-Platz. Lilienthals Berufung lässt nun nicht eine ähnlich lange Ära erwarten und bedeutet andererseits keine Neuorientierung des Theaters. Wichtiger ist aber zunächst, das in den letzten Jahren künstlerisch und beim Publikumsinteresse schlingernde Haus zu konsolidieren. Die Volksbühne muss zunächst mit weniger Geld auskommen, das Gespenst einer Schließung geisterte schon durch die Szene. Der eigenwillige Lilienthal eignet sich in unsicheren Zeiten als unbeirrbarer Verteidiger des Theaters.
Der designierte Intendant versprach heute bei seiner Vorstellung ein internationales Theater am Rosa-Luxemburg-Platz: „Das ist unser Widerstand gegen eine Politik der Renationalisierung, ein lustvoller Widerstand.“ Und darum geht’s doch besonders: Um mutiges Theater für eine verunsicherte Welt.
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