Foto: Danae und Midas sehnen sich nach einander. © Monika Rittershaus
Text:Joachim Lange, am 8. Februar 2025
Die Bayerische Staatsoper bringt mit Claus Guths Inszenierung von Richard Strauss‘ Oper „Die Liebe der Danae“ antike Mythologie in ein modernes Hochhaus. Auch hier zeigt sich, dass Reichtum seine Risiken hat.
„Die Liebe der Danae“ von Richard Strauss schaffte es 1944 nur noch bis zur Salzburger Generalprobe. Dann verkündete Goebbels den „Totalen Krieg“ und schloss die Theater. Die reguläre Uraufführung gab es in Salzburg erst 1952. Eigentlich müsste man sagen „schon“. Der Krieg hatte auch die Opernhäuser mit in den Untergang des Reiches gerissen. Vom Untertitel „Heitere Mythologie in drei Akten“ stimmen allein schon deshalb vor allem die drei Akte. Mit Blick auf das Personal stimmt auch Mythologie. Heiter jedoch ist das Ganze nicht wirklich. Was hätte das für ein Wortkunstwerk werden können, wenn es Hugo von Hofmannsthal vergönnt gewesen wäre, es fertig zu weben. Joseph Gregor langte beim Libretto („mit Benutzung des Entwurfs von Hofmannsthal“) zwar kräftig zu, aber er kann dem kongenialen Partner des Komponisten nicht das Wasser reichen. Was man dem etwas kruden Wortschnitzwerk auch anmerkt.
Es geht um Danae. Sie hat die Wahl zwischen Jupiter und Midas. Der Gott nutzt die Gestalt des Menschen für irdische Eskapaden. Als Gegenleistung hat er den armen, syrischen Eseltreiber mit der Gabe ausgestattet, dass sich alles, was er berührt, in Gold verwandelt. Er schickt ihn wie einen Rosenkavalier bei Danae vor. Beide verlieben sich und der erste unbeherrschte Kuss lässt Danae erstarren. Gold geworden, aber tot. Der Ausweg ist die Rückkehr in die Armut. Zum Ärger und zur Verblüffung Jupiters entscheiden sich Danae und Midas auch dafür.
Zwischen den Zeiten
Regisseur Claus Guth gelingt der Balanceakt, die Geschichte nachvollziehbar und klar zu erzählen und das Ganze dennoch deutlich, aber ohne unangemessene Übertreibung mit der Entstehungszeit, unserer Gegenwart und diesmal sogar mit einer möglichen dystopischen Zukunft zu verbinden. Seine Inszenierung ist ein Plädoyer dafür, auch dieses Alterswerk gelegentlich auf die Bühne zu holen und in die (in der letzten Zeit erstaunlich zahlreichen) Versuche einzuschließen, die Opern von Richard Strauss aus allen seinen Schaffensperiode auf ihre Relevanz hin zu befragen.
Er verlegt die Geschichte in eine vollverglaste Etage einer Hochhaus-Metropole mit imposantem Ausblick (Bühne: Michael Levine). So wie Danaes Vater König Pollux (Vincent Wolfsteiner) hier auftritt und ein vergoldeter Angeber-Jet draußen vorbei schwebt, muss man nicht lange überleben, auf wen das anspielt, was zumindest zu einem Schmunzeln reicht (Kostüme: Ursula Kudrna).
Wo erst ein goldenes Bett als göttliches Angebot funkelte, gibt es im dritten Akt einen Blick auf die Kehrseite einer Welt des Reichtums und seiner Risiken: die Dystopie von Armut, Verfall und Zerstörung. Mit Feuerschein im Hintergrund und aufsteigenden Rauchschwaden zwischen den Wolkenkratzern. Hier ist das Unglück nicht nur in der Etage des ausgestellten Reichtums eingebrochen. Draußen dreht ein Rettungshubschrauber, trotz der Schilder mit Hilferufen, wieder ab. Midas und Danae stützen sich aufeinander.
Der Gott, der es noch mal inkognito bei Danae versucht, hat hier keine Chance. In der Höhe des Olymps (zwischen den Heizungsrohren über der Etage) feixen sie derweil über ihren Chef. Am Ende wird Claus Guth (für seine Verhältnisse) vergleichsweise deutlich. Da gibt es Bilder vom kriegszerstörten München, in denen man auch die Reste des Nationaltheaters erkennt. Und die Bilder des alten Richard Strauss in seinem Garten-Domizil in Garmisch. Eine naheliegende und auch nicht ganz neue Metaphorik, aber klug zu neuer Wirkung kombiniert.
Musikalisch breit und sicher
Die Musik gehört eher nicht zu den Strauss-Werken, von denen man sich ad hoc schwelgend gefangen nehmen oder in die man sich einfach fallen lassen kann. Hier wird drängendes Pathos so demonstrativ ausgestellt, dass man schwankt, ob das an Parodie grenzt oder doch nur Erstarrung ist, der die Selbstironie abhandengekommen ist.
Sebastian Weigle nimmt das Pathos beim Wort, sattelt mit dem Bayerischen Staatsorchester mit voller Kraft vor allem Lautstärke drauf. Was Christopher Maltman als Jupiter und Andreas Schager als Midas entgegenkommt. Die fühlen sich beide hörbar wohl dabei, ihre hochtourigen Stimmen an der Rampe sozusagen mit voller Kraft vom Stapel zu lassen. Nicht sehr diffizil, aber imponierend.
Eine wirklich atemberaubende Besonderheit gab es an diesem Premieren-Abend. Der wäre beinahe geplatzt, weil Malin Byström in der Titelpartie grippebedingt ausfiel. Es ist kaum zu glauben, innerhalb Tagesfrist, gleichsam aus dem Stand, sprang Manuela Uhl, die die Danae 2016 das letzte Mal in Berlin gesungen hatte, ein. Sie sang nicht nur (wie spontan zugesagt) von der Seite, sondern spielte dann auch noch. Sie war damit natürlich die mit standing ovations bedachte Heldin des Abends!