Über weite Strecken rückt die Satire auf die Generation Z ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Wie Noëlle Haeseling, Felix Jordan, Noah Ahmad Baraa Meskina und die Pianistin Eun Chong Park in ihren flotten Jungzauberkostümen von Florian Kiehl – schwarzes Sakko, Glitzerhemd und graue Satinhosen – den Hexenmeister (gespielt von Klaus Rodewald) so zur Verzweiflung bringen, dass er sich ständig ans Herz fassen muss, ist komödiantisch im besten Sinne. Die Methode von Meinhold/Schötz, keine Regieentscheidung ohne Besprechung mit dem Ensemble zu treffen, zeigt sich im Engagement der Spieler:innen. Kein Bonmot wird in diesem Grundkurs „Zaubern“ (mit veritablen Kunststücken) ausgelassen. Wenn als Grundprinzip der Illusion die Verabredung definiert wird, dass der eine täuscht und der andere getäuscht werden will, ist das Prinzip Theater nicht weit.
Altbekannter Generationenkonflikt in Stuttgart
Nun will die Regie aber kein Generation-Z-Bashing machen. Sie interessiert sich viel mehr für das Scheitern. Der Hexenmeister wird gleich zu Beginn als gescheiterte Existenz eingeführt. Die Zauberlehrlinge versagen, wenn sie das Zauberwort vergessen. Vielleicht auch, weil ihnen das Chillen in einer mit Schaum gefüllten Badewanne als wichtigste Illusion erscheint. Während Klaus Rodewald als grotesker Besen immer neuen Schaum herbeiträgt, versuchen die vier Lehrlinge die Situation und ihr Leben zu reflektieren. Vor allen Dingen die Angst vor dem Altern erscheint als Impuls ihres Handelns wie Schreckensvisionen: „Ab morgen muss mir jemand erklären, wie man ein Smartphone benutzt.“
Nachdem nun die Welt im Schaum erstickt, bis Rodewald sich wieder vom Hexenbesen in den Hexenmeister verwandelt hat, kommen die vier Lehrlinge zur Einsicht und übernehmen die Verantwortung für ihr Scheitern. Eingebunden ist diese Haltung in eine philosophische Debatte über das Generationenverhältnis mit nicht besonders originellen Argumenten. Beispielsweise heißt es da, dass mit den Routinen des Alterns der jugendliche Aufbruch erlischt. Das kennt man schon aus Stücken der 20er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts, in denen unter anderem überlegt wurde, ob man mit 30 nicht Selbstmord begehen sollte. Auch der Slogan „Trau keinem über 30“ aus den 60er-Jahren deutet in diese Richtung.
Spiel und Spaß mit Magie
Jede Darsteller:in hat einen Song, live von Eun Chong Park am Piano begleitet, die sonst mit den Tasten Atmosphären schafft und darüber hinaus auch eine überzeugende Komödiantin ist. Chorisch ist Goethes Ballade aufgelöst. Von außen wird orchestral strukturierte Musik eingespielt, die alle in der Melodik bekannt vorkommen. In seinen Kompositionen möchte Marius Schötz vor allen Dingen die Emotionalität der Handlungen unterstützen. Für schnelle Verwandlungen hat Florian Kiehl im Zentrum der Bühnen ein begehbares zweiteiliges Gerüst geschaffen, das in verschiedene Positionen gerollt werden kann: Auf dem kleineren prangt ein „No“, auf dem größeren „Magic“, die von Szene zu Szene verschieden angeleuchtet werden. Rechts an der Seite steht als Aufgang zum Zimmer ein käfigartiges Portal, links das Arbeitszimmer des Hexenmeisters, bestehend aus einem Regal und einem Arbeitstisch, auf dem ein Computer der ersten Generation, Kaffeemaschine und Totenkopf stehen.
Gezaubert wird (Begleitender Zauberkünstler: Finn Talin) im farbigen Licht. Ein Schnips von Rodewald genügt, um einen Trick vorzuführen. Besonderen Spaß bereitet deren Durchschaubarkeit. – Das Publikum weiß immer um die Illusion. „Der Zauberlehrling“ in der Stuttgarter Fassung ist ein großes Vergnügen und dabei wie ein Soufflé: im Augenblick sehr süß, aber der Geschmack verflüchtigt sich schnell.