Im Zentrum stehen Rita und Alfred, Papa und Mama von Eyolf, eben jenem auf welche Weise auch immer gestorbenen Kind. Es muss wohl ertrunken sein. So jedenfalls erzählt es Henrik Ibsen in seinem vor 128 Jahren geschriebenen Schauspiel „Klein Eyolf“, das dieser Neuschöpfung von Manuel Zwerger als Basis dient. Carolyn Amann hat das Libretto verfasst. Carmen C. Kruse zeichnet für Konzept und Regie verantwortlich.
Das Kleine Haus des Theaters wird zu einer Art Arena. In der Mitte die Spielfläche: ein großes Loch mit einem durchgehenden Laufsteg drumherum, direkt daran angrenzend das Orchester. Henning Ehlert und Boris Cepeda dirigieren es virtuos und mit großer Akkuratesse. Rita und Alfred bewegen sich auf diesem Steg und singen. Er macht sich Vorwürfe. Sie lauscht auf ihre Gefühle und sinnt ihnen nach.
Musik ohne Empathie
Es stellt sich allerdings im Publikum schon bald die Frage: Was geht mich das an? „Die Leere bleibt“, heißt es. Oder die „zerbrochene Welt“ wird beklagt. Ganz gewiss und ohne jeden Zweifel existenzielle Erfahrungen! Sie kommen aber nicht wirklich an. Zumal die Sprache des (englischsprachigen, deutsch übertitelten) Librettos merkwürdig unpersönlich und unempathisch wirkt. Selbstreflexion, ganz sicher. Aber eben verhaftet im Selbst, mit dem sich nicht jeder Mensch im Publikum identifizieren muss.
Natürlich taucht am Ende der kleine Eyolf auf, entsteigt dem vom Laufsteg umgebenen Becken. „Der Sinn ist für mich jetzt ein anderer“, so Eyolf. Stimmt! Die Eltern: „Das Leben geht weiter“. Stimmt auch. Aber braucht es für diese Einsicht eine Oper?
Und die Musik? Deskriptiv, atmosphärisch dicht, nirgends verstörend, keinesfalls die Speerspitze der Avantgarde. Dass Kontrabässe ihre Saiten mit Cassettenbändern bearbeiten, Bratschen ihr Instrument umstimmen, Blechbläser an Plastikschläuchen hängen – der gewollte Effekt überträgt sich leider nicht. Gesungen wird fantastisch. Da leisten Hasti Molavian (Ratwife), Robyn Allegra Parton (Rita), Johan Hyunbong Choi (Alfred) und Alwin Fröhlich (Eyolt) ganz Tolles!
Die generelle Frage bleibt: Was hat „Great Open Eyes“ mit mir zu tun? Diese muss sich jeder Vater und jede Mutter selbst stellen.