Ivana Sokola hat hier einen Stücktext vorgelegt, in dem es um institutionalisierten sexuellen Missbrauch geht: Solche Vorfälle auf dem Dorffest normal, niemand tut etwas dagegen, niemand will etwas dagegen tun. Als Motiv dafür taucht immer wieder der brennende Krater von Derweze auf, der hinter dem Dorffest brennt, die Hunde, die ebenso gut junge Männer sein könnten, die ohne Moral, rein instinktgesteuert jagen. Erzählt wird all das in einer eigenartig erdigen, fast altertümlichen Sprache, in der sich die Darstellerinnen und Darsteller des Textes immer wieder verfangen wie in den Gummibändern des Bühnenbildes. Zur der trügerischen Dorfromantik trägt das ebenso bei wie die trachtenartig anmutenden Kostüme.
Sprachlich ungklücklich
Sokolas Text hat ein spannendes Thema: Da ist einmal der normalisierte sexuelle Missbrauch, hier am Beispiel von Dorffesten aufgezeigt. Dann ist da die Frage, inwieweit Selbstjustiz, oder: Rache, angemessen oder zumindest nachvollziehbar sein kann, wenn alle anderen Wege verschlossen sind. Man kann hier über den alten Spruch vom Menschen, der dem Menschen ein Wolf ist nachdenken, über die Frage, wo und wie Moral, staatliche Institutionen nötig sind und versagen können. Nur ist alles das in einem Textwust versteckt, der mal poetisch wirken kann, manchmal Poesiesimulation ist, manchmal aber auch nur ganz knappan der Grenze zur unfreiwilligen Komik entlang schrabbt. Und sich in der aufgesetzt wirkenden Metapher des brennenden Kraters gefällt, die direkt aus Wikipedia abgeschrieben wirkt. Die Inszenierung in Göttingen setzt dem die Klarheit des Bühnenbildes entgegen, dennoch bleibt der Eindruck, dass sich hier ein Thema, das erkundenswert ist in einem Text verbirgt, der sich hinter zu viel Sprache und zu viel Bildern versteckt, wo er das eigentlich nicht müsste. Das federt die Wucht, die er entfalten könnte stark ab und sorgt für eine weiche Landung, die besser eine harte gewesen wäre.