Dieses Stück ist eine Ansprache und Kontaktaufnahme mit der Natur und all den gerne übersehenen Lebewesen, mit denen wir uns diesen Planeten teilen, den Ameisen, den Bienen, den Quallen. Zauberhaft erweckt Helene Schmitt die an Kreisen herabhängenden Stoffstreifen zum Leben, lässt sie wabern und tanzen wie Quallen im Wasser. Es ist ein Rundumtheater, die Spieler:innen bewegen sich im Raum, mal über das auf drei Seiten sitzende Publikum hinaus, mal um es herum. Denn: „Ich kann in eine Richtung gucken, nach vorne, aber ich kann in alle Richtungen hören. Rundherum. Knacken, Räuspern, Rufe – ein Vogelruf, Rascheln – ich bin nicht allein.“ Dalferth entwickelt ein Spiel mit dem Publikum, ein Rätsel aus Bild und Ton, ein leises Stück und zwischendurch auch ein lautes.
Unter- und Überwasserwelten
Ein klein wenig betulich wird es hie und da, aber dann geht es so betörend weiter, dass man sich gerne wieder einfangen lässt von der Magie dieses ganz besonderen Abends. Wenn es nachts wird, ist es auch mal unheimlich im Dunkeln mit all diesen Geräuschen, dem Brummen und Brüllen. Mal ist es komisch, was diese Menschen in ihren durchgeknallten Forscherklamotten da abziehen; mal meditativ wie in der Unterwasserwelt mit all ihren Geräuschen, die es wie die Quallengesänge so eigentlich gar nicht gibt und die doch klingen, als habe man sie schon tausendmal unter Wasser gehört. Absurd die Abhandlungen über den Ohrwurm, lustig die Kommunikation mit dem Elefanten, ein bisschen spooky die Fledermäuse im Dunkeln. Politisch wird es, wenn François Mitterand sich für seine letzte Mahlzeit auf Erden ausgerechnet die geschützten Singvögel Ortolane zubereiten lässt.
Immer wieder bricht der Mensch in all seinen Un-Formen in die Welt der Tiere ein, stört den natürlichen Gang der Dinge, bringt die Natur durcheinander mit seinem Anspruch auf die Weltherrschaft oder auch nur seinen Egoismus. So ist das hier Gezeigte eben eine Seltenheit: Menschen, die hinhören, verstehen wollen, was um sie herum noch so lebt und leben will. „Tag für Tag verliert das klangvolle Orchester der Wildtiere weiter an Stimmen. Von vielen Tieren wissen wir schon gar nicht mehr, wie sie geklungen haben“, heißt es am Ende. „Die Stimme der natürlichen Welt ist die älteste und schönste auf diesem Planeten. Und wahrscheinlich ist jedes Musikstück und jedes Wort irgendwann aus dieser Stimme hervorgegangen.“ Beinahe unbemerkt mischen sich auch menschliche Laute – oder Kompositionen – unter die der Natur. Von Benjamin Britten, Jean-Philippe Rameau und Toshio Hosekawa. Nicholas Morrish verwebt sie mit den Klängen der Tiere. Tatsächlich werden sie eins.