Die Fläche vor der Wand ist der Aktionsraum der beiden Engel. Birgit Bücker, in elegantem fliederfarbenem Hosenanzug möchte als Erzengel in 15 Minuten die Vernichtung aller Einwohner von Iflingen abschließen. Aber nun muss sie erst einmal Ludwig in den göttlichen Plan einführen. Zu allem Überfluss stellt dieser ständig Fragen nach dem Sinn des göttlichen Plans. Ludwig will einfach nicht begreifen, dass schon ungeborenes Leben sündig sein soll. Anja Tobler, in hellgrünem Hosenanzug, macht das wunderbar widerspenstig, reizt damit Michael, der stur an seiner Aufgabe festhält. Bücker und Tobler entwickeln dabei einen starken Ping-Pong-Dialog, der durch die Kostümwechsel – da tauchen die beiden mit ihren Flügeln in Ledermantel und Wildwesthut auf (Kostüme Linda Hiebel), am Schluss dann als weiße Klischeeengel – unterstrichen wird. Aber mehr noch wird der Wechseldialog durch eine immer größer werdende Hektik bestimmt: Denn nichts klappt, wie es vorgesehen ist. Sie begegnen keinen Menschen, die laut dem göttlichen Plan hätten da sein müssen.
Wenn sie ein Haus durch eine der vier Türen betreten, werden sie backstage von Sina Wider mit der Live-Kamera begleitet, deren Bilder auf die Wand projiziert werden. Die Begegnungen, die die Beiden mit sprechenden Tieren haben, finden auf der Bühne statt. Da ist zum einen der Igel von Matthias Albold, der parabelhaft ein Leben vorführt, dass nicht mehr nach der Sinnhaftigkeit seines Tuns fragt. Christian Hettkamp leidet als Mauersegler unter dem Verwesungsgeruch der Erde, also unter Weltschmerz, zumal er nicht in die Schwerelosigkeit abheben kann. Oliver Losehand als Schwein schließlich führt die Selbstvermarktung ins Extrem: Er will unbedingt geschlachtet werden, weil es seine Bestimmung ist, geschlachtet zu werden. Es gibt dabei keine Tierkostüme, die Spieler führen diese in Alltagskostümen vor.
Parabel über den Zustand der Welt
In „Das Ende von Iflingen“ tauchen keine Menschen auf, nur Engel und Tiere. So lässt sich das Stück als eine bittere Parabel über den Zustand der Welt lesen, von Wolfram Lotz als Miniatur mit melancholischem Witz angelegt. Nina Mattenklotz erzählt das aus, dennoch aber fehlt der letzte Biss. Das ist alles ein bisschen lieb. Ach ja, soll hier das Ende verraten werden? Das letzte Haus ist die Kirche – und da finden sie alle, die durch das Flammenschwert hätten umkommen sollen, schon tot auf. Der Pfarrer hat in die Vorsehung eingegriffen und den Kelch mit dem Messwein vergiftet. Oder war es ein gemeinsamer Suizid, weil die Welt eh‘ zu Grunde geht? Am oberen Ende der Wand ist ein Schriftbanner befestigt, darauf ein Bibelspruch zum Jüngsten Tag: „Von dem Tage aber von der Stunde weiß niemand, auch nicht die Engel im Himmel, sondern allein mein Vater.“, wird Jesus zitiert. Der Mensch hadert darob – und die Engel machen ihren Dienst.