Theater Basel: Solidarität mit der Frauenbewegung in Iran
Foto: © Bettina Schulte Text:Bettina Schulte, am 29. Oktober 2022
Die Initiative Die Unbeugsamen hätte noch viel mehr Teilnehmer verdient. Die Münchner Kammerspiele, das Theater Oberhausen, das Nationaltheater Mannheim und das Theater Basel haben sich zusammengeschlossen, um Künstlerinnen und Intellektuellen aus dem Iran Bühne und Stimme zu geben.
Was sich seit dem Tod der mit Kopfschlägen traktierten 22-jährigen Kurdin Jina Mahsa Amini am 23. September in einem Krankenhaus in Teheran im Land der Mullahs ereignet, nennen die vier Frauen, die jetzt im Theatercafé des Basler Hauses auf dem Podium sitzen, ohne Umschweife eine Revolution. Die Regisseurin Sahar Rahimi, die in München lebt und in Basel im März eine Inszenierung der „Perser“ von Aischylos zeigen wird, will mit ihrem Auftritt für die Aufmerksamkeit werben, die die Erhebung der Frauen verdient hat. 60 Prozent der Studierenden in Iran sind weiblich, es gibt eine weibliche Bildungselite, die in krassem Gegensatz zur männlichen Führungselite steht. Gender-Apartheit nennt Rahimi das. Das Kopftuch sei die Berliner Mauer des Regimes: Fällt es, fällt die Diktatur.
Dass die Revolution eine feministische ist, heißt nicht, dass sie auf die Frauen beschränkt ist: Das unterstreicht auch die Philosophin Golnar Narimani, die sich in der Gruppierung Feminists4Jina engagiert. Im Gegensatz zur „Grünen Bewegung“, die 2009 von der iranischen Mittelschicht getragen wurde, besteht der jetzige Protest aus einem breiten, Generationen, Ethnien und Schichten übergreifenden Bündnis: Das begründet die Hoffnung, diesmal zu siegen. „Sie meinen es verdammt ernst“, sagt Rahimi. „Sie riskieren ihr Leben für die Freiheit.“
Und man spürt es selbst bei diesen vier, die das Privileg haben, in Sicherheit leben zu können. Golnar Narimani hat ihr Land 2019 endgültig verlassen, weil sie dort nicht denken konnte, was sie wollte. Weil man dort zwischen schlechter westlicher und guter östlicher Philosophie unterscheidet. Die Schauspielerin Moné Sharifi schildert eindringlich, was ihr auf der Bühne nicht erlaubt war. Nur Hände und Gesicht sind zu zeigen, Berührung ist verboten, vor jeder Premiere kommen die Zensoren. 2019 hielt sie es nicht mehr aus. Sie studiert jetzt – nach zehn Jahren als Schauspielerin – noch einmal an der Akademie für Darstellende Künste in Baden-Württemberg.
Die Schauspielerin Elmira Bahrami empfindet es als Privileg, in Deutschland geboren zu sein. Sie konnte an der Folkwang Schule in Essen studieren und gehört zum Ensemble des Basler Theaters, wo sie zur Zeit in Manuela Infantes philosophischer Versuchsanordnung „Wie alles endet“ auf der Bühne steht. In Teheran und in Isfahan schweigen jetzt die Theater. Auf den Straßen rufen sie: „Tod der islamischen Republik“. In Basel rezitieren die Schauspielerinnen Texte von Ronya Othmann, Natali Amiri, Anisa Jafarmehr und Mehdi Moradpour. Das ist das, was sie tun können. Und das Publikum: Es kann sich von den unbeugsamen Frauen in Iran anstecken lassen. „Bella ciao“ ist ein universelles Kampflied.