Für ihre Bearbeitung dieser Vorlage am Jungen Theater Ingolstadt hat sich die Regisseurin Mia Constantine entschieden, den Text auf zwei Schauspielerinnen und einen Schauspieler zu verteilen. Sie übernimmt auch nicht alle Erzählstränge des Romans, sondern fokussiert die Handlung auf die schwierige familiäre Situation in der Fremde und den Versuchen, diese durch die Bewegungen des Schwimmens aufzuarbeiten. Die Regie erzählt dabei von den Gefühlen einer ersten Liebe (zu William) und von den viel zu schnellen Schritten ins Erwachsenwerden.
Ausstatterin Monika Frenz hat dafür einen Raum geschaffen, der einem gekachelten Hallenbad abgeschaut ist mit Stufen und drei Startblöcken. Dazu läuft ein Video mit sich spiegelnden Wellenbewegungen. Später zieht man einen langgestreckten Körper von unten durch das Becken gleiten – ein Bild, das sich leitmotivisch durch die Aufführung zieht. Dazu läuft leise ein von Jan Roth komponiertes Sounddesign, das dem Rhythmus einer Wellenbewegung widerspiegelt: besänftigend und manchmal stürmisch aufbrausend, aber immer dezent leise, nur sich vordrängend, wenn es auch auf der Bühne laut wird (das aber wohltuend selten).
Einfach berührend
In der Fremde als Fremde wahrgenommen zu werden und sich dieser Situation zu stellen, um sie zu überwinden – diesen Kerninhalt des Versromans erzählen Enea Boschen, Olivia Wendt und Benjamin Dami im Wechsel. Alle drei sind Kasienka, aber dann kristallisieren sich doch einzelne Rollenzuschreibungen heraus: Enea Boschen ist in den dialogisch konturierten Szenen – grundsätzlich gilt die Struktur des Erzählens – eine Kasienka, die alle Sympathien auf sich zieht. Sie hat eine überzeugende Präsenz und lädt das Publikum zur empathischen Teilnahme ein. Sie führt überzeugend vor, was das Fremde mit der Figur macht und wie sie trotzdem zwischen Ohnmacht und Wut changierend ihren eigenen Weg findet. Es ist einfach berührend, was Enea Boschen da leistet.
Da hat es Olivia Wendt schwieriger, wenn sie sich in die Rolle der Mutter zu verwandeln hat. Als jemand, der die Wirklichkeit nicht akzeptieren will (nämlich, dass ihr Mann sich mit einer neuen Liebe eine neue Existenz aufgebaut hat) wirkt sie in ihrer Verhärmung stocksteif. Stärker noch als in der Romanvorlage wird in Ingolstadt deutlich, dass die Mutter in ihrem Verlustschmerz keine gute Beziehung zu ihrer Tochter und der Umwelt aufbauen kann, wenn sich auch mit dem Mitbewohner Kanoro eine solche anzubahnen scheint. Benjamin Dami übernimmt die verschiedenen Männerrollen. Insbesondere als William entwickelt er überlegenden Charme. Die Sympathie des Publikums ist ihm sicher.
Sarah Crossan und Mia Constantine erzählen aus der Perspektive von Kasienka eine nachdrückliche Geschichte vom Gefühl einer Fremden in der Fremde und vom Willen nach Selbstbehauptung. Constantine verdichtet die Erzählungen. Es gelingt ihr dabei, den poetischen Charakter der Sprache von „Die Sprache des Wassers“ ins theatralische Medium zu übertragen und das Ensemble dabei ins Spielen zu bringen. Kurz: ein großartiger Theaterabend!