Die bekannte Leier
Worum geht es? Zuerst um den ergrauten Großvater von Felix und Frida, der ziemlich gelangweilt in seinem Wohnzimmer sitzt. „Früher war alles besser“, so seine Erkenntnis, die er seinen Enkeln mitgibt. Und? War denn alles besser? Machen wir doch die Probe aufs Exempel! Reisen wir zurück. Und schwupps, finden Felix und Frida sich in Rossinis Schlafzimmer wieder. Man kann sich das Ergebnis dieser Zeitreise vorstellen: Nichts war besser! Im Gegenteil: Die Probleme von heute gleichen denen von gestern. Rossini ist ein Fortschrittsskeptiker, hat Angst vor der furchtbar schnellen Eisenbahn, die ihn auf Vorschlag Figaros zu einer „Wilhelm-Tell“-Inszenierung bringen soll. Lieber nicht! Rossini flüchtet sich in Konsum, auch wenn‘s der Gesundheit schadet. Und Krankheit? Ach herrje, bloß keinen Arzt!
Das alles kommt dem coolen Geschwisterpaar ziemlich bekannt vor, ähneln doch Rossinis Lebensumstände in der Mitte des 19. Jahrhunderts auffallend denen ihrer eigenen Eltern, ihrer eigenen Generation. Da kann man besser gleich wieder dahin zurückreisen, wo man hergekommen ist – was Felix und Frida auch tun. Fazit: die Welt ist verrückt! Damals wie heute. „Lasst uns in die Zukunft schau‘n und uns wirklich wieder trau‘n, zu bauen eine bess‘re Welt, die allen Menschen gut gefällt. Allen!“, lautet ganz am Schluss die Devise.
Oper für alle Generationen
Detlef Heusinger verpackt sie in Klänge, die jeden Augenblick spannend sind. Ein Theremin spielt dabei eine zentrale Rolle, aber auch elektronische Musik, die als Surround-Ereignis durch den Theatersaal kreist. Und selbstverständlich spielt das Orchester des Detmolder Theaters. Videos füttern die Augen, zwischendurch wird es andächtig, wenn der Kinderchor fromme Choräle intoniert. Das ist alles andere als „kindgerechte“ zeitgenössische Musik – sehr erfreulich. Denn das wäre das Schlimmste, was man über eine „Familienoper“ sagen kann.
In achtzig Minuten ist die Zeitreise in die Rossini-Welt vorbei, Felix und Frida wirken durchweg „nur“ als Zaungäste ohne direkten Kontakt zu dem berühmten Komponisten und seiner Umgebung. Einzelne Szenen entwickeln quirlige Lebendigkeit, vor allem Figaro und Isabella bringen Schwung ins alltägliche Geschehen rund um den behäbigen, miesepetrigen Rossini. Dann aber hat Heusingers „Zeitreisemaschine“ auch Längen; Sequenzen, in denen nicht viel passiert. Da wünschte man sich größere Stringenz.
Gesungen und gespielt wird auf absolut professionellem Niveau: Da sind Emily Dorn, Stephen Chambers, Andreas Jören und Irina Meierding aus dem Solistenensemble des Theaters, da sind aber vor allem Friedrich Schlieker und Theresa Kohler, die beiden zeitreisenden Enkel, die schlichtweg begeistern. Nicht zu vergessen die Sängerinnen und Sänger der „Detmolder Schloss-Spatzen“, die ihre große Bühnenerfahrung investieren.