Die Zwänge des Kapitalismus
Nur was hat wiederum dieser Part des Abends mit Kapitalismus zu tun? Die Nähe wird indirekt und subtil deutlich: nämlich in der Darstellung einer fundamentalen Gefangenschaft. Dass die Enge des Fahrstuhls als Metapher angesehen werden kann, vermitteln auch die zahlreichen auf der Bühne präsenten Kameras. Sie bilden das Auge des anonymen Überwachungskapitalismus. Selbst als die Protagonistin infolge eines erneuten Knalls schwer verletzt wird, hütet sie den Koffer, als wäre er die Büchse der Pandora. Ausbeutung, so die Botschaft des Abends, manifestiert sich nicht in Peitsche und Gewalt, sondern als effiziente Psychopolitik.
Indem die Regisseurin Lea Gockel das ganze Arsenal des komischen Feuerwerks zündet, verleiht sie der Posse von Nis-Momme Stockmann eine süffisante Leichtigkeit. Nicht ganz zu camouflieren vermag sie allerdings die Längen, allen voran im zweiten Teil. Hier bahnt sich doch ein wenig zu viel Geschwätzigkeit Raum, weswegen das Stück „Das Gesicht des Bösen” letztlich doch in einen Leerlauf gerät und kaum mehr Neues zu präsentieren weiß. Überzeugend ist allerdings die Aussage, der zufolge alle Bemühungen, den Kapitalismus zum Fall zu bringen, eher auf einen übersteigerten Geniekult mancher Autorinnen und Autoren denn auf realistische Szenarien zurückgehen. Angesichts der unzähligen Bühnenentwürfe der vergangenen Jahre über das neoliberale Subjekt, einen wiederentdeckten, aber im Grunde doch nie vergessenen Marx und überhaupt die globale Ungerechtigkeit etc. stellt Nis-Momme Stockmanns „Das Gesicht des Bösen“ jedenfalls eine wohltuende Erfrischungskur dar.