Zusammenrücken hieß es auf der Bühne: Vor die grünweißen Wände samt oft genutzter Türen (Annabel von Berlichingen) mussten zu den sechs Solisten noch Streichquartett, Bläser, Cembalo und Dirigent passen. Den ersetzte erstmal Don Febeo (Sergio Ruonic Lukovic), der nach eigenen Noten sanft und ausdrucksvoll singt. Schließlich geht es um seine “große opera seria“, irgendwas mit Sancho Pansa und Dulcinea, so genau weiß er das nicht. Aber mit elegant-kunterbuntem Hemd und purpurner Bauchbinde ist er für den fest geplanten Schlussjubel gerüstet.
Kunst und Scheitern
Wenn um ihn herum nicht lauter Verrückte wären (Musiker und Dirigent natürlich ausgenommen): Zwei Töchter – Rosina (Lindsay Funchal) will nur weg, Aristea (Dimitra Kalaitzi-Tilikidou) unbedingt heiraten – leider einen völlig unmusikalischen Verehrer (Frank Unger), dem auch keine Spickzettel helfen. Diener Biscroma (Grzegorz Rozkwitalksi) ist gegen Geld hilfsbereit und Celestina (Rea Alaburi´c) vor allem aufmüpfig. Judica Semler und ihr Ensemble machen mit diesem Opernsatirchen genau das Richtige: Sie rasen nicht durch die dünne, oft variierte Handlung, verzichten auf Aktualitätszeigefinger.
Mayrs Einakter (hier in zwei Teilen) gibt es unter verschiedenen Titeln, in diversen Bearbeitungen. In Freiberg spielt man die reduzierte Fassung von Fabian Dobler, in deren Zentrum, dank Stimme und Spiel, Lukovics Febeo bleibt. Mit großen Augen und kleinen Gesten „übt“ er falsches und richtiges Verbeugen; singt auch den eigenen Solistenalltag. Tritt ihm der Verlobte von Aristea als Komponist Mayr verkleidet entgegen, kommt Febeo aus dem Dienern nicht mehr raus und – im Dulcinea-Kostüm – geschlagen von der Generalprobe zurück. Paroli kann ihm nur Aristea bieten. Die liest Goethes „Iphigenie“, der Papa hat aber nur Gluck im Kopf, der den Mythos auch auf die Bühne gebracht hat. Ein wunderbares Duett um und über Gesangskunst gibt es obendrein.
So machen alle, auch die Mittelsächsische „Mini“-Philharmonie unter José Luis Gutiérrez – eine „bella figura“, die tonlosen Töchter werden wohl ewig das Trommelfell des Hausherrn beleidigen. Aus dieser Hauptrolle wechselt Sergio Raonic Lukovic in der nächsten Spielzeit in eine ganz andere: Der Bariton wird Intendant des Mittelsächsischen Theaters.
Dessen (derzeitiger) Geschäftsführer, Hans Peter Ickrath, protestierte vor Premierenbeginn auf der Bühne gegen den neuerlichen Lockdown in Sachsen, der am Montag beginnt: Er sei „sehr enttäuscht“, die Schließungen „nicht verhältnismäßig“. Theater und Museen seien „keine Pandemietreiber“, sondern „hochsichere Orte, wo sich niemand angesteckt hat“. Jetzt könne er sich nur „eine nicht noch mal so lange Pause“ des Theaterbetriebs wünschen.
Sodass auch diese Oper noch öfter gezeigt werden kann: Judica Semler lässt in ihrer Inszenierung genügend Raum, dass Gesang und Klänge (bei denen immer mal wieder Mozart aufblitzt) wirken und für viel Atmosphäre sorgen können. So haben Solisten, Orchester und Inszenierungsteam einen federleichten, übermütigen, aber nicht flachen Abend rund um Musik und Spiel geschaffen.