Regisseur Olivier Tambosi, der in Bregenz bereits 2016 Franco Faccios Oper „Hamlet“ nach einem Libretto von Arrigo Boito inszeniert hatte, grenzt die unterschiedlichen Sphären geradezu plakativ voneinander ab. Auf der einen Seite die dämonisch-heidnische Welt des Magiers Simon Mago mit blutverschmierten Mänteln und schwarzen Engelsflügeln, auf der anderen Seite die christliche mit Dornenkrone und Ordenstracht (Kostüme: Gesine Völlm). Die Leiche von Neros Mutter, einst von ihm selbst ermordet, liegt im grünen Abendkleid als personifiziertes schlechtes Gewissen auf der Bühne. Dass aber der Regisseur auch den Chor in diese Kostüme steckt, hat dann doch mehr mit unfreiwilliger Komik zu tun als mit ins Bild gesetzten Alpträumen und erinnert eher Charleys Tante, zumal Nero sich im zweiten Akt im gleichen Kostüm von Asteria auf einem Billardtisch verführen lassen muss – eine von etlichen verschenkten Szenen. Auch die mit Leuchtflächen versehene labyrinthische Quaderlandschaft von Frank Philipp Schlössmann entfaltet kaum Suggestionskraft. Die immer wieder in Gang gesetzte Drehbühne sorgt für zusätzlichen szenischen Leerlauf.
Der mexikanische Tenor Rafael Rojas stattet Nero mit strahlender Höhe und beachtlichem vokalen Durchsetzungsvermögen aus. Darstellerisch fehlt es ihm an Präsenz, um diesen vielschichtigen Charakter näher kommen zu lassen. Lucio Gallo entfaltet als schwarzer Magier Simon Mago mit seinem markigen, über große Reserven verfügenden Bariton echte Dominanz – nur in der Tiefe verliert die Stimme ein wenig an Dämonie. Sein christlicher Gegenpart Fanuèl klingt bei Brett Polegato weicher, lyrischer und verbindlicher. Leider agiert der kanadisch-italienische Bariton im Laufe des Abends intonatorisch immer unsicherer, bis er am Ende beim Duett mit der zwischen Nonne und Priesterin verorteten Rubria die Orientierung fast komplett verliert. Alessandra Volpe, meist im Nonnengewand, gestaltet diese Partie mit satter Tiefe und schöner Linienführung. Richtig schlau wird man aus dieser Frauenfigur genauso wenig wie aus der wie Kundry sich zwischen den Welten bewegenden Asteria, der Svetlana Aksenova zumindest stimmlich Intensität und Strahlkraft verleiht. Am Ende steht Rom in Flammen, und Nero sitzt gelangweilt auf seinem Sessel, während die Leichen besichtigt werden. Dirk Kaftan entfesselt ein letztes Mal die Orchesterkräfte. Der Schlussakkord wird von Moll nach Dur gerückt. Aber ein Happy End sieht anders aus.