Foto: Aus der Zoom-Performance PLAY HARD WORK © Thomas Langer
Text:Björn Hayer, am 30. April 2021
Rumpelstilzchen war ein Whistleblower – wussten Sie nicht? Dann haben Sie wohl die ganz große Show verpasst, die eine Combo hochkreativer Geister inszeniert hat. „Wir kapern Märchen und Mythen […], wir schrauben an Geschichte“, teilt man uns via Zoom mit. Diesmal zum Auftakt einer zündenden Stückentwicklung, die jedoch gleich zu Beginn an Starallüren scheitert. Die Prominenten haben abgesagt. Also sind die vier Arrangeur*innen nun auf sich allein gestellt und beziehen daher in der Live-Darbietung „Play Hard Work“, angedockt an das Theater an der Rott und das Stadttheater Fürth, munter das Publikum ein.
Wir schauen also auf drei, manchmal vier Bildschirme. Zu sehen sind Elisabeth Nelhiebel, Hannah Candolini, Mark Harvey Mühlemann und Anna Winde-Hertling in flippigen Looks, dazu Disco-Mucke und -Beleuchtung. Optisch gilt das Credo: Welcome back to the 90s! Um das Publikum zu motivieren, teilen die Schauspieler*innen das Publikum in „Breakout-Rooms“ ein, in denen wir nun erneut auf ein gigantisches Bühnenereignis vorbereitet werden sollen. Natürlich nur unter der Bedingung unserer aktiven Mitarbeit. Wolken sollen gebastelt und mit Taschenlampen und Handys soll Blitzlicht vorgegaukelt werden, um schließlich wieder einmal ein Märchen zu verwirklichen: mit amüsanten Papphochhäusern, Wrestlingmasken und allerhand dadaistischen Wendungen.
Was den interaktiven Abend zu seiner kurzweiligen Heiterkeit verhilft, ist gewiss die spielerische Verve der Performancegruppe Pandora Pop. Alle sind permanent in Bewegung und erinnern mit ihrer Hyperfitness aus Tanz, Gesang und Auf-der-Stelle-Jogging unmissverständlich an Einar Schleefs kanonisches, mit einem gewaltigen Aufgebot sich ertüchtigender Akteur*innen inszeniertes „Sportstück“ von 1998. Diese Reaktualisierung en miniature hat ihren Grund. Denn im Fokus des hiesigen Dramas steht abseits des Glamours vor allem die neue, smarte Arbeitswelt – in der man eben networkt und supported wird, in der die Grenze zwischen öffentlichem und privatem Raum verschwimmt, in der man 12 Stunden arbeiten und trotzdem immer intellektuell und künstlerisch innovative Ideen entwickeln soll.
Zugegeben, als neu erweist sich der thematische Nukleus des Stücks nicht. Von Felicia Zeller über Rebekka Kricheldorf bis zu Philipp Löhle reicht schließlich die Riege jener Autor*innen mittleren Alters, die sich in ihren Werken immer wieder mit der letztlich ausbeuterischen Janusköpfigkeit der spätmodernen Ökonomie auseinandergesetzt haben. Und auch die etwas aufgesetzte Mitmach-Chose birgt an diesem Abend nicht unbedingt das Potenzial zum besonders ungewöhnlichen Coup. Dennoch ist „Play Hard Work“ sehenswert, als verspielte Satire mit einer Vorliebe für absurden Humor, als Event körperlicher Ausdrucksmacht, um es mit der Coaching-Sprache der Show selbst zu sagen. Gerade die Dynamik der Darsteller*innen vermittelt einen Eindruck dessen, was wir derzeit so schmerzlich vermissen: die Bühne als vitales Kraftwerk.