Es ist ein einigermaßen abstruses, wenn nicht gar absurdes Setting, das Arad Yasur da schafft. Eine Retrospektive der Möglichkeiten, eine Trauerfeier für all das Verpasste. Ein bisschen eine geschlossene Gesellschaft wie bei Sartre, ein bisschen Warten wie bei Beckett, ein bisschen Ausgeliefertsein wie bei Kafka. Ein Post-Lockdown-Stück, in dem das Draußen zu einer noch größeren Ungewissheit geworden ist als dieses merkwürdige Drinnen. Das Dasein ist ein einziger Escape Room geworden, der seine Bewohner vor ein Rätsel nach dem anderen stellt, ohne eine attraktive Perspektive oder einen wirklichen Ausweg zu bieten.
Arad Yasur lässt grundlegende Gewissheiten ins Wanken geraten. Die Erfahrung, dass auch vermeintliche Sicherheiten zu Unsicherheiten werden können, ist eine sehr aktuelle. Die hier geschilderte Zukunftsvision ist schlagartig recht nah an die Gegenwart gerückt. Das Verdrängte, das Vergessene und das Niemals-Erlebte stehen im Raum wie der sprichwörtliche Elefant. Womit haben wir es hier zu tun? Eine Verschwörung des ominösen „Sasportas“, der immer wieder in den Assoziationsketten auftaucht? Ein großes Als-Ob? Eine Reise in die verdrängte Vergangenheit? Arad Yasur legt sich nicht fest. Sobald eine Erklärung auftaucht, wird sie ad absurdum geführt in diesem heiteren Berufe- und Identitätsraten. „Er“ und „Sie“ sagen Dinge, die sie nicht wissen können („Dir scheint, du hörst etwas“) und malen sich aus, wer verdammt nochmal sie eigentlich sind. Für die einzige Berührung an diesem Abend streifen sie sich Gummihandschuhe über, was in diesem skurrilen Umfeld nicht weiter auffällt. In Momenten wie diesen taucht aber plötzlich der Gedanke auf, dass das ganz wirklich unsere neue Normalität ist. Und das ist dann tatsächlich skurril.
Sapir Heller inszeniert den Text mit großem Gespür für Komik und Lust an der Überzeichnung. Vielleicht aus Angst, dass dieses ewige In-der-Schwebe-Bleiben und Um-das-immer-Gleiche-Kreisen sich totläuft, fügt sie den beiden eine dritte Figur hinzu, die es im Stück nicht gibt: eine Außenstehende, die sich um die Drehbühne herum bewegt, musiziert, singt und das Treiben beobachtet. Franziska Roth trägt eine riesige Schleife auf dem Kopf, eine Kindfrau, die wohl Betty ist, die ominöse Tochter. War sie ein unerfüllter Wunschtraum? Hat sie, die Abgetriebene, ein Trauma hinterlassen? Haben die beiden ihr Kind verdrängt oder es nie bekommen? Dass die Fantasie-Betty hier konkret und irgendwie sogar die konkreteste Figur an diesem Abend wird (die sich frei bewegt, die raucht und trinkt und das ganze mit einem Soundtrack unterlegt wie einen Film), nimmt etwas von der rätselhaften Faszination der Vorlage. Sie legt eine Lesart fest, das Rätselspiel wird zur Psychoanalyse.