Es ist ein vergnüglicher Abend, zweifellos, komödiantisch wie musikalisch erstklassiges Handwerk. Dass er an den eigenen Ambitionen, die fragwürdige Tradition der sogenannten Männlichkeit durch installierte Skepsis zwischen denkenden Frauen und deren Klugheit doch bloß interpretierenden Männern zu durchbrechen, scheitern muss, stört das Publikum erkennbar überhaupt nicht. Sortieren wir halt die Klischees, als ob es altes Spielzeug wäre! Das Autoren-Duo Vera Mohrs/Manuel Schmitt und Dramaturgin Christina Zintl als Dritte im Bunde vertrauen der Eigendynamik der Auslese-Songs nur unter Vorbehalten, sie füllen die Zwischenräume mit gesicherten Zitatenschätzchen und Bekenntnissen. Da prallen Trump und Theweleit im flüchtig hingeworfenen Satz wortklaubend aufeinander, man verweist auf „Faschisten wie Björn Höcke“ samt seinem Wehrhaftigkeits-Wahn und auch Nobel-Handke bekommt mit dem eigenen Selbsterhöhungs-Zitat verdientermaßen eins übergebraten. So weit, so korrekt. Aber was ist das gegen die Fragen, wer denn nun wem nach dem neuesten Stand der #MeToo-Debatte auf den Hintern schauen darf, ob Frauen in der Autowerkstatt für den Umgang mit Schrauben geeignet sind und inwieweit der Schlager „17 Jahr, blondes Haar“ zwangsläufig zum Staatsanwalt führen muss. Da ist das ganze Ensemble in ständiger Bewegung zwischen Popkonzert und Frontalunterricht.
Wie ein Befreiungsschlag wirkt da die wunderbare Szene (Marthaler-Güteklasse sozusagen), wenn nach einem schwungvollen Song-Auftritt von Nicolas Frederic Djuren in den rauschenden Beifall hinein dessen übergriffige Mutter auftritt und dem Publikum peinliche Anekdoten aus dem Leben des verhaltensauffälligen Sohnes erzählt, der ja nun endlich doch noch etwas geworden sei. Wie Djuren die Gesichtszüge in Serie entgleisen, während Cem Lukas Yuginer als fleischgewordenes Matriarchat in unbremsbarem Dampfwalzen-Drang und ungesungener, deshalb hier nur vermuteter „Die Mutter ist immer dabei“-Erkennungsmelodie die Männerehre plättet, das ist den halben Abend wert.
Am Ende kommt, womöglich ein reitender Bote, jemand mit der Auswertung der Fragebögen an die Bühnenrampe und reicht das Papier hoch. In jeder Vorstellung, so die Theorie, könnte so ein neues (Nürnberger?) Männerbild entstehen. Wirklich? Bei der Premiere ließen 51,4 Prozent wissen, sie möchten gerne mal „über Männer sprechen“, und es kreuzten 59,5 Prozent an, dass sie „für ihre Kinder da sein wollen“. Ein Mann machte sein Häkchen an der Stelle, wo ihm persönlich „mehr Gefühl“ in Aussicht gestellt wurde. Sollte Vera Mohrs ihre „Alpha“-Revue nach diesen schmeichelhaften Erkenntnissen noch etwas ausarbeiten wollen, empfiehlt sich für die Zugabe das schöne Lied „Die Männer sind alle Verbrecher“, das es in einer satisfaktionsfähigen Fassung von zwei Frauen gibt. Es endet mit den Worten: „Aber lieb sind sie doch!“