Der Stoff ist also lokalgeschichtlich verankert, hat aber angesichts Duttenhofers immenser wirtschaftlicher Expansion auch weltgeschichtliche Bedeutung. Dank eines äußerst geschickten Kniffs gelingt Staatsmann hier der Bezug zum Heute: er lässt eine Theatertruppe ein Stück über das Leben Duttenhofers proben und schon sind wir mitten im Geschehen! Neun professionelle Schauspieler, die alle Doppelrollen spielen, werden dabei unterstützt von begabten Laien aus Rottweil, die die Bürger der Stadt verkörpern, sowie vom Bürgerchor der geschundenen Fabrikarbeiterinnen. Für diese Produktion konnte Peter Staatsmann großartige schauspielernde, singende und tanzende Künstler gewinnen, zum Teil Schauspieler, mit denen er regelmäßig im Zimmertheater arbeitet, wie Petra Weimer in der Rolle der Anna Duttenhofer, Isabelle Groß de Garcia und Serjoscha Ritz. Meinolf Steiner als Hauptfigur Max Duttenhofer und Boris Ben Siegel als teuflischer Gesell sind zum ersten Mal dabei.
Es macht großen Spaß, der motivierten Truppe zuzusehen, besonders in der letzten Szene laufen alle nochmals zu Höchstform auf und liefern eine urkomische Slapstick-Nummer ab, nämlich dann, wenn die Grenze zwischen Historie und heutiger Wirklichkeit verwischt und die Figuren wieder zu zeitgenössischen Personen werden, zu den Mitglieder der Theatertruppe, die sich um historische Genauigkeit bemüht. Spätestens, wenn das riesige Banner eines potenziellen Sponsors gehisst wird, der die Künstler aus ihrer finanziellen Misere retten soll, bleibt einem das Lachen abrupt im Halse stecken. Anklänge an die Gegenwart, an aktuelle politische Verflechtungen sind dabei nicht zu überhören. Staatsmann und seinen Schauspielern gelingt eine subtile Gratwanderung, die diese Missstände zwar nicht verheimlicht, aber dennoch niemanden verstimmt und zum Schluss elegant von der Historie wieder ins Heute führt. Bis 4. August 2019 ist dieses gelungene Sommertheater im Rottweiler Bockshof zu sehen