Nun, eine Schweinskopfmaske ist am Anfang zu sehen und dann tritt Devin Maier mit Schweinsmaske auf, aber danach ist dieses Thema auch abgehakt. Stattdessen sitzen im leeren Bühnenraum fünf Schauspieler und eine Schauspielerin parallel zur Rampe. Und erzählen und erzählen. Wenn man es gut meinte, könnte man von einer Performance sprechen. Johanna Link etwa nutzt diese Chance total. Im Programmheft firmiert sie als Fenia Xenopoulou, also der Frau, die weg vom Kulturressort reüssieren möchte. Aber da diese Bearbeitung trotz aller Kindheitserinnerungen kaum Wert darauf legt, die Figuren zu motivieren, macht Link das einzige Richtige: Sie performt. Und das atemberaubend. Es gibt in dieser Inszenierung zwar rudimentäre Rollenmuster, aber im Erzählen wird ständig hin- und hergeswitcht.
Der depressive Martin, der den Plan entwickelt, Auschwitz zum zentralen Ort europäischer Erinnerung zu machen, wird von Dan Glazer mit Anklängen an den österreichischen Dialekt kraftvoll ausgespielt. Depressivität lässt sich damit allerdings nicht erkennen. Georg Melich spielt einen aalglatten Politiker, während Sebastian Haase in seiner Rolle, als vom Vatikan bestellten Berufskiller, keine Chance hat, weil man seine Motive nicht verstehen kann. Während im ersten Teil ausschließlich narrative Strukturen herrschen, gibt es nach der Pause ein paar Spieleinlagen. Ingo Biermann zum Beispiel darf als Professor, der Auschwitz als die künftige Hauptstadt vorschlägt, eine Slapsticknummer mit seiner Aktentasche machen. Traurig stimmt die Figur des David de Vriend, der, den Nazis entkommen, doch in Auschwitz gelandet ist, überlebt hat und nach dem Weltkrieg als Lehrer arbeitet: Obschon Peter Cieslinski ganz leise Töne für diese Rolle findet, walzt die Inszenierung von Mark Zurmühle über ihn hinweg. So gut alles gemeint ist, aber da waltet keine Entschiedenheit: Die Rollen versteht man nur aus der Kenntnis des Romans heraus. Natürlich lässt sich bei jeder Bearbeitung darüber streiten, welche Striche gerechtfertigt sind und welche nicht. Erstaunen allerdings ruft bei dieser dann doch der Wegfall des Kommissars hervor. Kein Krimi, den Toten im Hotel Atlas gibt es nicht, nur den Schützen, der bei einem Eisenbahnunfall umkommt, und de Vriend durch einen Bombenanschlag – beide Ereignisse werden erzählt.
Francesco Tristano unterstützt die narrative Struktur der Inszenierung mit klar konturierten Akkorden. Eleonore Bircher hat ein einfaches Bühnenbild geschaffen, ein weißer Boden, nach vorne hin an den Seiten weiße Wände, nach hinten in der Mitte eine blaue Wand mit einem Durchgang und ganz zum Bühnenabschluss goldschimmernde Vorhänge. Zurmühle nutzt den Raum für eine streng stilisierte Choreografie, spielen lässt er sein Ensemble erst im zweiten Teil. Und dann in einer bloß illustrierenden Funktion.