Dass sie, die einst als wandelndes Belegexemplar der eigenen Produktpalette gleich nach dem Türöffnen optisch überrumpeln und gelegentlich erotisch aushelfen konnte, nun dem Verfallsdatum näher gerückt ist, was Verkaufsbilanzen gnadenlos dokumentieren, müsste als Problem erst mal akzeptiert werden. Tut es aber nicht, denn das Verblühen führt keineswegs zum Verduften. Cookie sprüht weiter im Dienst der glatten Visage – ob ihr minderjähriger Liebhaber grade verzweifelt oder ihre Tochter, das „Küken“, am Strick baumelt, ob eine Konkurrentin beim Damen-Freistil mit der Nagelfeile ins Gesicht schlitzt, eine Nachbarin die Flinte anlegt oder sie selbst erblindet auf Klingeltour bleibt, bis sie den öffentlichen Grabplatz für die gut verpackt mitgeschleppte Mädchenleiche sichern kann. Sie selbst braucht sowas nicht. Der Tod einer Handlungsreisenden ist in diesem Überlebensentwurf einfach nicht vorgesehen, und wo das Elend am größten, ist die Hoffnung am brutalsten. Ein Phantom von aufgedonnerter Über-Mutter schwebt zum Finale herbei und paukt ihr das Zauberwort für alle Fälle vor dem imaginären Abendbrot nochmal ein: „Lächeln“.
Der US-Dramatiker Noah Haidle, Autor mit Wohnsitz in Los Angeles, der schon Drehbücher für Hollywood und diverse TV-Filme lieferte und daheim mit inzwischen 41 Jahren nach einem guten Dutzend Bühnenuraufführungen immer noch „zu den wichtigsten neuen Stimmen“ unter den Dramatikern gezählt wird, pflegt eine besondere Verbindung über den Großen Teich. Für acht seiner bisherigen Stücke hat er das Recht des ersten Abends in Übersetzung an deutschsprachige Bühnen vergeben. Bei „Für immer schön“ ist das eine besonders schmeichelhafte Vertrauenserklärung, denn ohne diskret sachkundige Quellenforschung kann eine Inszenierung des ebenso schöpfenden wie schöpferischen Textes mit seiner rasanten Rundschlag-Inspiration zwischen Comic-Groteske, Melodram und absurdem Theater samt schnörkeligem Zier-Sarkasmus gar nicht funktionieren. Die Frauen-Variante von Millers Willy Lohmann ist also auch ein bisschen Trotzkopf-Antigone und muss im Beckett-Endspiel die Lebensfreude vor der Mülltrennung retten. Oder so!
Am Fürther Stadttheater inszenierte Maik Priebe erstaunlich elegisch mit der deutlichen Absicht, nicht allzu weit ins wuchernde Dialog-Gestrüpp des Pointen-Desasters („Du hast dich durchs Telefonbuch gevögelt“ – „Das ist zu dick“) zu geraten. Auf der sportlich anregenden Bühne von Susanne Maier-Staufen rotiert ein Stahlrohr-Gerüst, das auf der Vorderseite „Cosmetic Dreams“ verspricht und in der Mischung aus Kinoplakat und aufgeblasenem Erbauungsbildchen den schönen Schein von Gefühl preist – erst mit dem kleinen Tränchen fürs riesige Puppengesicht, später passend zur dramatischen Entwicklung mit wallfahrtstauglichen Blutbahnen aus beiden Augen. Die Regie bevorzugt die Totale, also gibt es auf den beiden kreisenden Etagen kaum leise Töne, aber anhaltend brodelnde Hysterie als Betriebstemperatur.
Judith van der Werff in der gewollt aufdringlich präsenten Hauptrolle ist die latente Ahnung von Tea Party mit Martini-Anschluss, ganz und gar Cocktail First. Ihre Cookie Close fühlt sich gegen alle äußeren Verfallserscheinungen „in Schuss“, und zweifellos hat sie einen. Allerdings fixiert der Autor das Ego seiner tragikomischen Heldin so schnell, dass auch der Regisseur trotz aller Zeitenwechsel über Jahrzehnte keine Fallhöhe mehr herstellen kann. Die Schauspielerin muss immer wieder viel Anlauf aus der dramaturgischen Hocke nehmen, um kleine Sprünge übers Klischee zu schaffen. Dass es aufregender gelingen könnte, sieht man an Nicola Lembach in zwei Nebenrollen. Wie sie als flippige Spezial-Kundin die Hautcreme buchstäblich zum Fressen gern hat oder später als militantes Flintenweib nach dem Sturz ins Grab ausrastet, das katapultiert die Story für Momente in ganz andere Dimensionen von Explosions-Komik. Ansonsten wird solide gespielt (Sunna Hettinger, Boris Keil, Stefan Willi Wang), aber den festen Zugriff, den dieser bekennende Zyniker von Autor braucht, kann die Fürther Aufführung nicht bieten. Der versprochene „Abgesang auf das Zeitalter des Neoliberalismus“ ist nur eine trällernde Behauptung.