Und so erklingt das hohe Lied auf die Schiffsleute, deren Augen klar vor lauter Unendlichkeit sind. Auch der Mythos von Atlantis darf nicht fehlen, mit dem Fazit „tief unterm Ozean will ich sein“. Die fünf Darsteller Rayk Gaida, Jochen Ganser, Johannes Geißer, Markus Seidensticker und Manuela Stüßer, die auch hervorragend singen, agieren mal als Chor, mal solo, immer auf oder am Container, sehen und hören einander zu.
Von Markus Seidensticker kriegen Touristen Spott ab, Hepatitis sei doch auch ein schönes Souvenir; ernst wird es beim Vater im nassen Grab, in der Flut der Ewigkeit. Danach erklingen sanft-sinfonische Streicher, ausgewählt hatte man Kompositionen von, unter anderen, Bach, Samuel Barber, Schostakowitsch und Schubert. Dazu Texte von ganz unterschiedlichen Autoren wie Johannes R. Becher, Rolf Dieter Brinkmann, Franz Kafka und Steffen Mensching. Da sind skurrile Geschichten dabei vom „Mann über Bord“ (politisch korrekt heißt es heute „Person über Bord“), der als einziger überlebt, weil sein Schiff kentert. Ein Schiff schlingert durch Filmwellen, dass man seekrank werden könnte. Dazu Aufmüpfiges wie das gemeinsam-inbrünstige „Ob Sonne oder rege, egal, wir sind dagegen“. Dann werden die Bullaugen in den Türen zu Taucherbrillen, die Schönheit und Gefahren des Meeres zeigen. Und Jochen Ganser singt, wie er zum Fisch wurde und wie schwer es ist, wieder Mensch zu werden. Kurz vor dem Ende wird es dann deutlich politisch: In einer Welt der Orban, Putin und Pegida wollen sie nicht leben, die Menschen auf der Rudolstädter Bühne, auch nicht in einem Europa, das „Arbeit macht frei“ und „Charlie Hebdo“ heißt: „Europa j’accuse!“
Nach zweieinhalb kurzweiligen, nachdenklichen, märchenhaften und erschreckenden Stunden gab es für alle Beteiligten füßetrampelnden Lohn und zwei Zugaben.