Indem Polasek derart die Erzählstruktur unangetastet lässt, muss sie zu atmosphärischen Mitteln greifen, um Stimmungen zu erzeugen. Das beginnt damit, dass fast ständig Nebel wabert, dazu oft im Halbdunkel, am Anfang und später noch einmal ganz im Dunkel, oder im kreisenden Lichtkegel, wo der Nebel besonders schön erscheint. Oder Auftritten im Gegenlicht. Dann kommt als weiteres Mittel die Musik hinzu, die auch Peter Schickart ausgesucht hat, mal a capella, mal als Durchgang durch die englischsprachige Popkultur, mal auch als Toncollage, um Hitlerzeit und im schnellen Umbruch die Sowjets zu verdeutlichen. So wird Atmosphäre von draußen herangetragen. Und die Schauspieler? Sie treten als Erzählensemble auf. Rollen sind aufgelöst, Erzählung und Aktion fließen ineinander, dennoch lassen sich bestimmte Rollenkonturen erkennen. Sandro Šutalo deutet oft den Andreas Egger an, hoch emotional und zärtlich, dabei humorvoll Distanz zeigend, Claudia Frost unter anderem die resolute Marie, Klaus Phillip mit Charme die älteren Rollen wie den Prokuristen oder den Großbauern und David Lau, der im Wechsel mit Šutalo den Egger spielt. Warum er aber am Schluss immer noch sein russisches Folklorekostüm anhat, erschließt sich nicht.
Die unangetastete Erzählstruktur des Romans hat zur Folge, dass das szenische Spiel illustrativ wirkt. Auch, wenn Polasek dies zu brechen versucht, indem sie ihr Ensemble in gemeinsame Ausbrüche treibt oder bis zur Erschöpfung tanzen lässt, um aus der Atemlosigkeit heraus die nächste Szene aufzubauen. Aber das ist als Spielprinzip schnell durchschaut und erzeugt trotz aller Bemühungen über Licht, Musik und einem Ensemble, das in seinen Ausbrüchen zugleich eine humorvolle Distanz zeigt, eine bestimmte Gleichförmigkeit. Nicht immer wird die Musikauswahl in den Szenen sinnfällig. Und auch wenn das Memminger Ensemble sich durch überzeugende Präsenz auszeichnet, bleibt der Abend seltsam in atmosphärischen Aktionen befangen.