Insofern ist Eötvös Oper sozialkritischer als der buffoneske Zuschnitt mit 21 teils ineinanderlaufenden, teils gleichzeitig ablaufenden Szenen und die klamaukhafte Handlung auf den ersten Blick zu suggerieren scheinen. Im Theater Koblenz springt der Funke in der von Elmar Goerden besorgten Inszenierung trotzdem nur bedingt über. Die ersten Besucher verlassen schon nach wenigen Minuten das etwas schütter besetzte Theater, andere verzichten demonstrativ auf Beifall. Es gibt weder Buhs noch Bravos, der Applaus bleibt durchweg freundlich, eine für eine Premiere durchaus reserviert anmutende Reaktion.
An der musikalischen und darstellerischen Leistung kann das nicht liegen. Die Musiker des Staatsorchesters der Rheinischen Philharmonie spielen ausgezeichnet, nur sehr selten läuft die instrumentale Maschinerie mal nicht rundum präzise. Mino Marani, der die musikalische Leitung innehat, leistet vorzügliche Arbeit, und auch die Tatsache, dass das 18-köpfige Ensemble einmal nicht den Beifall im Off des Orchestergrabens entgegennehmen muss, sondern nach der Vorstellung auf die Bühne kommen darf, ist eine nette Geste.
Das Sängerensemble ist nicht weniger ausgezeichnet. Und es wird ziemlich gefordert – fünf Sänger übernehmen nicht weniger als 18 Rollen. Der Wechsel ist oft fliegend und coram publico, ein rasantes, streng durchchoreografiertes Spiel mit Kostümen (Lydia Kirchleitner), Requisiten und Attitüden. Stimmlich und dramaturgisch zeichnen Hana Lee, Monica Mascus, Junho Lee, Peter Koppelmann und Christoph Plessers die Vielzahl der von ihnen verkörperten Charaktere ausgezeichnet. Nur die Textverständlichkeit könnte gelegentlich besser sein, da man – vermutlich aufgrund des deutschen Textes – auf Übertitel verzichtet hat.
Die von Silvia Merlo und Ulf Stengl verantwortete Bühne besteht aus unzähligen Würfeln unterschiedlicher Größe, die mal als Möbelstück, dann wieder als Podest, Operationstisch oder Blickschutz für explizite Szenen fungieren. Manche hängen auch von der Decke herunter und bewegen sich im dritten Teil immer weiter nach unten. Warum? Aus der Dramaturgie des Werkes erschließt sich der Sinn dieser Aktion nur bedingt. Das ist auch ein wenig das Problem dieser Produktion. Die musikalischen Leistungen sind ausgezeichnet, das Ensemble singt und spielt wunderbar. Elmar Goerdens Inszenierung abstrahiert konsequent und ist doch eindeutig genug. Im Spagat zwischen der absurd-komödiantischen Handlung und dem durchaus sozialkritischen Impetus des Werkes bleibt sie jedoch etwas zu unentschieden. Sozialklamotte oder Lustspieldrama, das ist hier letztendlich die Frage. Für ein Theater wie Koblenz ist eine Produktion wie Eötvös‘ „Goldener Drache“ gleichwohl eine ebenso mutige wie wichtige Produktion. Man sollte ihr unbedingt eine Chance geben.