Lotz flicht in seinen Text auch immer wieder Selbstreflexionen ein, die hier unter Verwendung eines you tube-Interviews per Video eingespielt werden. U.a. beklagt der Autor, dass es ihm nicht gelänge, weibliche Rollen hineinzuschreiben. Die Ulmer Inszenierung des scheidenden Intendanten Andreas von Studnitz besetzt die Bundeswehr männlich – neben Maaß und Paulun noch sich selbst als Deutinger, der per Video eingespielt wird -, alle anderen Figuren, denen die beiden auf den unterschiedlichen Stationen des Spiels begegnen, aber weiblich. Das macht Sinn, weil alle diese Figuren Träger des Missverstehens, also des kolonialen Denkens sind und ihre Auftritte, die in Ulm zu großen solistischen Auftritten genutzt werden, von satirischer Qualität sind. Sei es Beatrice Panero als italienischer Blauhelm, der darunter leidet, dass die Einheimischen im Stehen pinkeln und kein Internet im Kriegsgebiet vorhanden ist, sei es Christel Mayr als Kaufmann, der mitten im Dschungel auch mit Investmentfonds handelt: kleine Kabinettsnummern. Dabei ragt Julia Baukus als Reverend Lyle Carter hervor, eine Kabarettnummer vom Feinsten.
In seiner klugen Inszenierung setzt von Studnitz auf den Raum, auf sein Ensemble und das Spiel von Licht und Video sowie unnötige lärmende Musikeinspielungen. Gerade im Zusammenspiel von Raum und Spiel, beide die Theaterhaftigkeit der Vorgänge betonend, wird ein weiter Denk- und Assoziationsraum geöffnet, der aktiv mit der Phantasie der Zuschauer gefüllt werden muss. So etwas hat man in Ulm lange nicht erlebt.
Am Ende dann vielleicht die stärkste Szene des Abends: Aglaja Stadelmann tritt als Tofdau, der Freund von Ultimo, auf und beginnt ihre Geschichte zu erzählen in den leeren schwarzen Zuschauerraum hinein. Mit dem Rücken zum Publikum auf der Bühne. Während der Wagen mit den Zuschauern langsam immer mehr Richtung Hinterbühne gezogen wird, sich der Abstand immer mehr vergrößert, die Erzählung immer unverständlicher wird, bis ein Black das Spiel beendet. Ein ungeheurer intensiver Moment, der alles sagt über die europäische Arroganz gegenüber anderen Welten…