Doch hinter der Oberfläche steckt mehr: Murray-Smith lässt ihre Wort-Duellanten auch über den Zauber der Literatur reden, über die Entstehung ganzer Welten aus einem ersten Wort – und sie lässt sie gemeinsam neue Fantasiebögen spinnen, denen man beim Zuhören so gefesselt folgt wie einer Highsmith-Story. Auf dieser Basis wird „Switzerland“ zu einer reizvollen Reflektion über das Schreiben und dessen Wirkmächtigkeit. Und auch wenn klar ist, dass eine solche Hommage an eine solche Autorin auf eine „unerwartete“ Schlusswendung zulaufen muss, ist die Schlüssigkeit und Konsequenz dieser Wendung dann tatsächlich überraschend.
In Baden-Baden funktioniert dies auch deshalb so gut, weil Regisseurin Odette Bereska dem Text und ihrem Darstellerduo zu Recht vertraut. Rosalinde Renn macht aus der alten Giftspritze Highsmith eine Paraderolle: Ohne Vorwarnung schaltet sie von schroff auf spöttisch, von neugierig auf abweisend, von zermürbt auf angriffslustig um. Ist ihre Highsmith mit wechselnden Strategien im Attackenmodus – oder innerlich schon hakenschlagend auf der Flucht? Es gehört zu den Stärken von Renns Darstellung, diese Frage offen zu lassen.
Mattes Herre wirkt als Edward Ridgeway anfangs genau so blass und linkisch wie Highsmith ihn wahrnimmt, doch nach und nach fächert er weitere Facetten auf: Mit leuchtenden Augen spricht er über Literatur, kichernd redet er sich mit der daueralkoholisierten Highsmith in einen Rausch – und immer wieder blitzt ein siegesgewisses Lächeln auf, als habe er einen noch ungespielten Trumpf im Ärmel, und hält damit subtil die Spannung des Stücks, die der hier porträtierten Autorin durchaus gerecht wird.