Statt bei den Inkas spielt der zweite Akt in einer Kirche der Conquistadors. Der offenbar konvertierte Priester Huascar (mit viel Mut zur Komik und doch kernig: François Lis) rollt auf einem blinkenden automatischen Mini-Segway herein und versucht mit allerlei christlichem Hokuspokus (wozu neben Wandlung und Kommunion hier auch die Anbetung des goldenen Kelchs mit dem Blut Christi zählt) Phani (sopranglitzernd: Anna Prohaska) für sich zu gewinnen und traut am Ende gleich dutzendweise die Paare, deren Bräute die Sträuße im fliegenden Wechsel weiterreichen; nur ein Männerpaar wird geflissentlich ignoriert.
Der dritte Akt beginnt mit einer wunderbaren Verkleidungsszene: Tacmas (wieder Cyril Auvity) ist eine spanische Schönheit in allerlei Spitzen und hohem Kopfputz, Fatime (noch einmal Anna Prohaska) gibt den kernigen Mann. Am Ende bekommt Ali (erneut Tareq Nazmi) seine Fatime und Tacmas Zaire (die in jeder Hinsicht wunderschöne Ana Quintans). Im vierten Akt eifern drei Männer um eine Frau. Der größte, schönste und – angeblich treuste – bekommt Zima (Lisette Oropesa) denn auch: Adario alias John Moore – ein edel kraftstrotzender Bariton mit den umfassenden Qualitäten, die sich eine Frau nur wünschen kann. Der Eifersüchtige (François Liz) und der freigeistig Frivole (Mathias Vidal) trösten sich durchaus nicht unwillig miteinander.
Das umfangreiche „ballet général“ schlägt von ausgelassener Stimmung in eine herrliche Prügelei um, bevor am Ende wieder eitel Sonnenschein herrscht, bewacht – oder bedroht – von bewaffneten Militärs, die ihre Gewehre gerade entsichert haben. Zuvor waren Backpacker – oder Flüchtlinge – unterwegs, die es in einem Sturm mehrfach quer über die Bühne wehte, wunderbar getanzt und gespielt vom ganzen Ensemble, wie überhaupt die zwölf Tänzerinnen und Tänzer mit einer spielerischen Leichtigkeit und Lässigkeit, aber auch – fast durchweg barfuß – einer heiteren Sinnlichkeit agierten, die Fragen nach einer ausgefeilten Choreographie oder Präzision des Getanzten obsolet werden ließen.
Famos sang der Balthasar-Neumann-Chor, nicht minder exzellent spielte das aus Originalklang-Spezialisten bestehende sogenannte „Münchner Festspielorchester“, in dem sich allerdings kein Münchner Musiker versteckte. Dirigent Ivor Bolton und alle Mitwirkenden wurden frenetisch gefeiert. Gleichwohl ist es sträflich, dass diese Produktion nur fünfmal bei den diesjährigen Opernfestspielen zu erleben ist und dann vom Spielplan verschwindet.