Auf eine üble Hinterhofschlägerei, die kurzzeitig zugunsten einer technisch etwas schräg und nah am Boden groovenden Revue-Girl-Gruppe in Pink aus dem Fokus rutscht, folgt der Mord an einem Obstverkäufer (Vater von Luigis Geliebter, schön typisiert von Matteo Carvone). Veranlasst von einer skrupellosen Clique, die vor dem Don (Alessio Attanasio) mit zischenden Atemstößen und gestischen Energieschüben verhandelt. Dem herzlosen Schuss choreografiert Schreiner eine Liebesnacht voran, die sich – toller Einfall! – vollständig an der Bettkante abspielt.
Gemeinsam mit dem Ausstatterteam Rifail Ajdarpasic (Bühne) und Alfred Mayerhofer (Kostüme) sowie atmosphärisch gelungenen Videozuspielungen (Raphael Kurig und Thomas Mahnecke) gelingt es Schreiner sogar, eine heiße Verfolgungsjagd mit zwei (je halben) Wagen, querenden Tänzern (eine Stange mit Scheinwerfern vor sich hertragend) und einer stimmorganstarken, absolut musicaltauglichen Sandra Salietti als Hot Offizier auf die Bühne zu zaubern. Kess in Schwung gebracht von Nick LaRoccas „Tiger Rag“, den das Orchester des Gärtnerplatztheaters (Leitung: Andreas Kowalewitz) ganz wunderbar zum Klingen bringt – wie weitere Stücke von Irving Kahal, Paul Abraham, George Gershwin, Heitor Villa-Lobos, Duke Ellington sowie Schostakowitsch, Hindemith und zu guter Letzt Samuel Barbers „Adagio für Streicher“.
Viele Gründe, sich von den Rhythmen der damaligen Epoche mitreißen zu lassen, die den ersten Teil von „Chicago 1930“ in kleiner Jazzband-, den zweiten in erweiterter Orchesterbesetzung bestimmen. Dass das Premierenpublikum eher ruhig sitzen blieb, mag dem Erstaunen darüber geschuldet sein, mit welcher Leidenschaft sich jeder Einzelne aus dem Ensemble nicht nur Schreiners an sich schmaler Geschichte, sondern auch dem darin perfekt zitierten Tanzstil rund um den Lindy Hop verschrieben hat. Da wird mit flotter Sohle übers Parkett gefetzt und kollektiv eine Bandbreite twistiger Showschritte und Break-Aways präsentiert.
Wirklich beitragen zur Story, die ihren Höhepunkt in Luigis Liebe zu Maria (Ariella Casu) findet, tun diese Einlagen natürlich nicht. Sie sorgen aber innerhalb eines Plots, der seine Inspiration aus Filmen zieht und seine Optik durch passende Überblendtechnik dynamisiert, für überzeugende Stimmungspassagen. Alles gut – Ende tragisch. Zunehmend seelisch zermürbt, verliert Luigi seinen Lebens(in)halt. Die geschäftig-brodelnde Hektik – sie prägt das gesamte Stück – weicht schlingerndem Stillstand. Was bleibt, ist Einsamkeit.