Schürmers Inszenierung überzeugt mit einer crescendohaft aufgebauten Spannung, die sich schlussendlich dramatisch entlädt. Und vor allem haben die Ettlinger mit ihrer Starbesetzung überhaupt kein Problem, sondern kongeniale Lösungen gefunden. Abgesehen von der eigenartigen Szene, in der Norma den Tod ihres Hausschimpansen betrauert, agiert Betty Vermeulen geradezu bilderbuchhaft in der Rolle einer vergessenen, gealterten Hollywood-Diva, die das Verblassen ihres Ruhms nicht ertragen kann. Ihre leitmotivisch wiederholten, mit lyrisch klangschöner Stimme intonierten Songs „Nur ein Blick“ und „Träume aus Licht“ könnten doch noch Hit-Qualitäten erreichen. Ihr Schluss-Auftritt als durchgeknallter Möchtegern-Star im flitterglitzernden Fummel mit bekröntem, wild aufgelöstem roten Haar ist unter dem Wahnsinns-Arien-Titel „Kein Star wird jemals größer sein“ ein darstellerisches Meisterstück.
Thomas Klotz ist als Joe Gillis, der ihr Comeback mit dem Filmdrehbuch zu „Salome“ herbei schreiben soll und den sie am Pool erschießt, weil er sie verlassen will, ein gleichrangiger Partner. Sein ebenfalls in mehrfacher Reprise hervorgehobener Titel-Song klingt bravourös kraftvoll mit durchschlagender Wirkung. Die im Musical übliche Mikrofonierung kommt auch den kleineren Stimmen zugute. Dorothée Kahler erfreut als Film-Assistentin Betty glockenhell singend mit ihrem Kleinmädchen-Charme. Hans Neblung ist als Max der verschworene Butler (und verflossene Ehemann) der Diva und auch mit Kopfstimmen-Haltetönen von monströs dunkler Gestalt. Musicalquirlig tragen nicht zuletzt die minutiös einstudierten Tanz-Ensembles am Set und in Hotel-bars zu dem unterhaltsam aufgelockerten Festival-Abend im stimmungsvoll ausgeleuchteten Hof des Ettlinger Schlosses bei. Da es sich um eine Kino-Adaption handelt, lautet das Fazit: Empfehlung mit Prädikat.