Frédéric Sonntag ist auch Schauspieler, und das merkt man der Arbeitsweise des Autors deutlich an. Er verfeuert die Talente der Figuren selten in Aktionen (na gut, sie schütten sich hingebungsvoll Wasser ins Gesicht), sondern lässt sie dauernd Anlauf nehmen zu mimischen Fitness-Sprüngen, die es dann gar nicht mehr zur Beweisführung braucht. Er will auf seinem ambitionierten Thema von der unkontrollierbaren Wirklichkeit nicht hart landen, wo er doch die Möglichkeit hat, drüber weg zu schweben. Das ergibt viele Szenen, die wie Improtheater-Fixierungen mit geschickter Nachbearbeitung wirken. Wenn er einer seiner Extrem-Protagonisten, der militanten Verfasserin von zehn unfehlbaren Geboten für die Schaffung wirksamer Dramatik, mitten in der dreiteiligen Aufführung verkünden lässt, ein Stück dürfe niemals aus drei Teilen bestehen, ist das Selbstzweck-Schmunzeln endgültig wichtiger als die Aufklärung. Aber was kann schöner sein als die Erfindung eines Fußballspiels mit drei Toren („Trialektik“ sagt der Polit-Profi mit großem Ernst), sofern man dem Universum und dem Theaterbesucher das Staunen erhalten will.
Regisseur Klaus Kusenberg weiß Bescheid über den Unterschied zwischen „1984“ (auch im Spielplan) und „George Kaplan“, zwischen Schmerz und Scherz. Er füllt die Fugen zwischen Frédéric Sonntags Szenen mit Video-Animation auf großer Projektionswand, verschafft den beherzt einsteigenden Schauspielern (Christian Taubenheim, Karen Dahmen, Thomas L. Dietz, Philipp Weigand, Bettina Langehein) eine zweite Strichmännchen-Existenz in den gekonnten Comics von Nicola Lembach und lässt diese Darstellungswelten miteinander verschmelzen. Mittlere Sprechblasen-Größe braucht es da als imaginäre Grundausstattung, um die nicht allzu sperrigen Gedanken des Autors unterzubringen. Er war selbst zur Premiere gekommen, umarmte den Regisseur, schien glücklich mit der Leichtgewichtsklasse der Aufführung. Das Publikum war amüsiert, es gab keinen Grund zur Beunruhigung.