Foto: David Greigs "Midsummer" am Düsseldorfer Schauspielhaus. Anna Kubin und Michael Kamp © Sebastian Hoppe
Text:Stefan Keim, am 26. September 2014
Ein Konzert. Der Mann baut souverän seine Gitarren auf, die Frau lächelt schüchtern und murmelt einen Gruß ins Publikum. Die beiden erzählen ihre Geschichte. Am Ende werden sie aufbrechen, um gemeinsam Straßenmusik zu machen. Und am Anfang der Aufführung ankommen.
Die Regisseurin Nele Weber hat eine überzeugende Form für David Greigs viel gespieltes Stück „Midsummer“ gefunden. Helena und Bob korrigieren sich, nähern sich spielerisch, gehen wieder auf Distanz. Manche konkreten Erinnerungen verschwimmen, es geht um die Gefühle, das Erlebnis von Rausch und Freiheit, einen Sommernachtstraum und seine Folgen. Eigentlich passen die beiden nicht zueinander. Sie ist eine schicke Scheidungsanwältin, er ein Musiker mit Hang zur Kleinkriminalität. Aber etwas treibt sie zueinander, der Kampf gegen die Einsamkeit, ein unerklärlicher Lebenswille, die Überzeugung, es könne doch noch nicht alles gelaufen sein.
An berührenden Szenen gibt es keinen Mangel. Bobs Besuch bei seinem Sohn, dem sein Fußballspiel viel wichtiger ist als der Geburtstag seines Vaters, der kaum eine Rolle im Leben des Jungen spielt. Oder Helenas ständiger innerer Kampf zwischen dem, was sie will, und dem, was sie wollen sollte. Es wird gefährlich, witzig, erotisch. Und Gordon McIntyres wunderbares Songs sind die perfekte Abrundung. Anna Kubin und Michael Kamp singen und spielen voller Zwischentöne, behutsam und leidenschaftlich, cool und überfordert. Nele Webers Inszenierung setzt ganz auf Text, Musik und die wunderbaren Darsteller. Nur einmal lässt sie die Bühne explodieren in einen Konfettiregen mit Nebel, Ballons und Feuerwerk. Das wirkt schon fast selbstironisch, denn Äußerlichkeiten hat dieser Abend schon lange nicht mehr nötig.
Obwohl „Midsummer“ nur einige Motive des berühmten „Sommernachtstraums“ entlehnt, ist die Aufführung im kleinen Haus näher dran an William Shakespeare als Alex Rigolas Inszenierung des Originals (das derzeit auch im Schauspielhaus zu sehen ist). Er verlegt den Zauberwald in Andy Warhols Factory. Was gewollt originell wirkt, aber den dilettierenden Handwerkern einen angenehm anarchischen Humor gibt. Sie sind eine durchgeknallte Performancetruppe, die mit allen Mitteln Andy imponieren will. Zettels Verwandlung in einen Esel geschieht im Drogenrausch, Urs Peter Halter ist der beste Spieler der Factory. Doch sonst gibt es viel Leerlauf, Gewitzel und Gezappel, kaum Gefühl, keine Poesie, kein Kribbeln. Ein oberflächlicher Spaß, den man sich eindreiviertel Stunden lang nett ansehen kann, ohne sich jemals gemeint zu fühlen. Immerhin ist das Düsseldorfer Schauspielhaus nach den massiven Zuschauereinbrüchen der letzten Zeit wieder gut gefüllt. Und mit „Midsummer“ ist auch wieder eine richtig gute Aufführung gelungen.
Weitere Vorstellungen 26. September, 4., 10., 15., 19., 25. Oktober